Sorge vor neuer Hängepartie nach Wahl in Frankreich
Sorge vor Hängepartie nach Wahl in Frankreich
Ungewissheit über Regierung und finanzpolitischen Kurs – Märkte behauptet
wü/wrü/lz/fed Frankfurt
Trotz der Erleichterung, dass bei der Wahl in Frankreich ein Durchmarsch des rechtsextremen Rassemblement National (RN) ausgeblieben ist, kommen bei Politikern und Ökonomen Sorgen über eine politische Hängepartie in der zweitgrößten Volkswirtschaft des Euroraums auf – aber auch über eine neue Schulden- und Eurokrise. Denn nach dem zweiten Wahlgang ist ungewiss, wie die künftige Regierung Frankreichs aussehen wird. Keiner der drei politischen Blöcke hat eine Mehrheit erreicht.
Die Marktteilnehmer atmeten dennoch zunächst auf. Der Renditeaufschlag französischer zehnjähriger Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen lag am Montagabend bei knapp 65 Basispunkten (BP). Kurz vor den Wahlen war er bis auf 85 BP geklettert. Allerdings gab der CAC 40 als Leitindex der Pariser Börse leicht um 0,5% auf 7.640 Punkte nach. Der Dax schloss fast unverändert bei 18.472 Zählern.
„Europa atmet auf“
In einer ersten Stellungnahme zeigte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erleichtert, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nun nicht mit einem Parlament zusammenarbeiten müsse, das von einer Rechts-außen-Partei dominiert werde. „Das ist jetzt abgewandt“, zitierten Nachrichtenagenturen den deutschen Regierungschef in Nürnberg. Er hoffe, dass es Macron und den Abgeordneten gelinge, eine stabile Regierung zu bilden. Mit Blick auf die traditionell enge Zusammenarbeit Deutschlands mit Frankreich in Fragen der Europäischen Union sagte Scholz: „Es wird nicht einfach, aber es ist die Mühe wert.“ Der SPD-Chef im EU-Parlament, René Repasi, erklärte: „Europa atmet auf.“ Die Wähler hätten Europa vor einem „historischen Tiefpunkt“ bewahrt.
Mitte „schwach wie nie“
Gleichzeitig gab es jede Menge Warnungen. „Die Mitte ist so schwach wie nie“, beklagte der Vorsitzende des Außenausschusses im Bundestag, Michael Roth, in einem Zeitungsinterview. Volkswirte deutscher Banken äußerten Sorgen, dass Frankreich in dieser politischen Konstellation auf harte Auseinandersetzungen über seine Finanz- und Haushaltspolitik mit der EU-Kommission zusteuern werde. Angesichts der Ausgabenpläne der politischen Ränder in Frankreich und möglicher Kompromisse auf dem Weg zu einem Regierungsbündnis wurden sogar Sorgen vor einer neuen Schulden- und Eurokrise geäußert, weil die fiskalische Tragfähigkeit der Finanzen an den Märkten in immer stärkerem Maß bezweifelt werde. Zudem verliert auch der Standort Frankreich zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit.
Im zweiten Wahlgang kam das Linksbündnis Nouveau Front Populaire auf die meisten Stimmen vor der zentristischen Regierungsallianz Ensemble. Für Rassemblement National reichte es überraschend nur für Rang drei. Premierminister Gabriel Attal reichte seinen Rücktritt ein, bleibt auf Bitten von Macron jedoch zunächst im Amt. Wahlsieger Jean-Luc Mélenchon von der Linkspartei La France Insoumise pochte bereits am Wahlabend darauf, die linke Volksfront mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Zu dem Bündnis am linken Rand zählen Kommunisten, Sozialisten und Grüne.
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