Spanien übernimmt Krisendiplomatie im Zollkrieg
Spanien übernimmt Krisendiplomatie
Madrid verhandelt mit den USA und China im Zollstreit – Ratifizierung des Mercosur-Abkommens noch dieses Jahr erwartet
Nach dem Besuch des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez in Peking fährt nun dessen Wirtschaftsminister Carlos Cuerpo nach Washington. Spanien hat im Zollkrieg weniger zu verlieren als andere Länder. Dennoch stellt Madrid ein milliardenschweres Hilfspaket für seine Wirtschaft bereit, wie auch Portugal.
ths Madrid
Kommentar Seite 2
Der Besuch bei US-Finanzminister Scott Bessent sei schon länger in der Planung gewesen, doch er wurde erst am Montag bekannt, kurz vor der Abreise von Spaniens Wirtschaftsminister Carlos Cuerpo nach Washington. Der Termin beim US Treasury, einen Tag nach dem Besuch des EU-Handelskommissars Maroš Šefčovič, sei eng abgestimmt mit der Europäischen Kommission, versicherte Cuerpo am Montagmorgen bei einem Treffen mit Auslandskorrespondenten, unmittelbar bevor er zum Flughafen aufbrach.
„Die Aussetzung der Strafzölle für 90 Tage öffnet eine Tür für Chancen“, sagte Cuerpo. „Dies ist ein wichtiger Moment, um festzustellen, ob wir alle zusammen zu einer für beide Seiten vorteilhaften Lösung kommen können“, unterstrich der Wirtschaftsminister. Die Stimmung in Washington könnte besser sein. Vor Tagen kritisierte Bessent die Reise des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez nach China mit einer Rhetorik, an die man sich mittlerweile fast schon gewöhnt hat. Mit einer Annäherung an Peking „schneidet man sich selbst die Gurgel durch“, kommentierte der Finanzminister von US-Präsident Donald Trump auf einer Veranstaltung mit Bankern in New York.
Auch die Reise nach China und Vietnam, wo Sánchez für engere Beziehungen zur EU warb, sei im Einklang mit Brüssel geschehen, hieß es in Madrid. Die spanische Linksregierung fährt in ihren diplomatischen Bemühungen ein ungewöhnlich hohes Tempo. Man wolle ein „relevanter Akteur“ sein, versicherte Cuerpo.
IWF verbessert Ausblick
Spanien hat von einem Handelskrieg weniger zu befürchten als Länder wie Deutschland, Frankreich oder Italien. Mit den USA hat man sogar ein Handelsdefizit und der Anteil an den Exporten liegt unter 5%. Der Internationale Währungsfonds verbesserte letzte Woche sogar seinen Ausblick auf das spanische Wirtschaftswachstum in diesem Jahr um zwei Zehntelpunkte auf 2,5%, auch weil „die direkte und indirekte Anfälligkeit des Handels Spaniens mit den USA begrenzt ist“.
Madrid unterstützt die Bemühungen der Kommission um neue Absatzmärkte für europäische Exporte und hat dabei vor allem Südamerika im Auge, wo Spaniens Unternehmen traditionell sehr präsent sind. Die Krise mit Trump kann nun endgültig zum Abschluss des Handelsabkommens mit den Staaten des Mercosur führen, für das Spanien seit Jahren wirbt. Cuerpo hofft auf eine endgültige Ratifizierung bis Ende des Jahres.
Hilfspakete für die Wirtschaft
Die Diversifizierung der Absatzmärkte ist auch ein wichtiger Bestandteil des Hilfspakets der spanischen Regierung für die eigene Wirtschaft, das mit 14 Mrd. Euro dotiert ist, davon ein großer Teil EU-Fonds. Das Außenhandelsinstitut Icex berät Unternehmen dabei, ihre Abhängigkeit vom US-Markt zu reduzieren. So erzielen viele Produzenten von Wein und Olivenöl einen Großteil ihres Umsatzes jenseits des Atlantiks. Auch wenn beide Seiten sich nun erst einmal auf einen 90-tägigen Waffenstillstand geeinigt haben, sollen die Milliarden an möglichen Hilfen und Krediten bestehen bleiben, um der Wirtschaft Sicherheit zu geben.
Das Nachbarland Portugal stellte letzte Woche ein sehr ähnliches Hilfspaket zum Schutz der eigenen Exportwirtschaft auf. Das fällt mit 10 Mrd. Euro sogar noch eine Nummer größer aus als das spanische Programm in Relation zur Größe der beiden Wirtschaften. Die USA sind Abnehmer für 6% der portugiesischen Exporte. Die konservative Minderheitsregierung von Luis Montenegro ist nur noch geschäftsführend im Amt bis zu den vorgezogenen Wahlen am 18. Mai.
Das Hilfspaket könnte der portugiesischen Haushaltskonsolidierung einen Strich durch die Rechnung machen, wenn es am Ende voll ausgeschöpft werden müsste. Für Wirtschaftsminister Ricardo Reis ist es aber wichtiger, 70.000 Exporteure zu unterstützen. „Ich würde mir mehr Sorgen um das Defizit machen, wenn wir diesen Plan nicht hätten.“