Notenbanken

Spekulationen über globale Geldpolitik

Eine unerwartet geringe Zinserhöhung in Australien hat Spekulationen genährt, dass die Zentralbanken weltweit ihren zuletzt sehr aggressiven Zinserhöhungskurs etwas abmildern könnten. Ob es so kommt, ist aber umstritten.

Spekulationen über globale Geldpolitik

ms Frankfurt

Eine unerwartet geringe Zinserhöhung in Australien hat Spekulationen genährt, dass die Zentralbanken weltweit ihren zuletzt sehr aggressiven Zinserhöhungskurs etwas abmildern könnten – in der Abwägung zwischen der vielerorts viel zu hohen Inflation und den zunehmenden Rezessionssignalen. Die Reserve Bank of Australia (RBA) erhöhte ihren Leitzins am Dienstag nur um 25 Basispunkte von 2,35% auf 2,6%. Von Reuters befragte Ökonomen hatten einen größeren Zinsschritt um erneut 50 Basispunkte erwartet. Ob das ein Signal für andere Zentralbanken ist, ist indes umstritten.

Rund um den Globus stemmen sich Zentralbanken mit teils beispiellosen Zinserhöhungen gegen die zu hohe Inflation, die derzeit vor allem durch die Folgen des Ukraine-Kriegs weiter angeheizt wird. Insbesondere die Fed erhöht die Leitzinsen in einem Tempo wie seit Jahrzehnten nicht. Zugleich wächst wegen des Kriegs, aber auch wegen Störfaktoren wie anhaltendem Lieferkettenstress die Sorge vor einer Rezession. Investoren und Ökonomen spekulieren deshalb immer mal wieder darauf, dass die Zentralbanken von ihrem recht aggressiven Kurs abrücken könnten.

Hoffen auf Kehrtwende

Die australische Zentralbank erhöhte nun am Dienstag ihren Schlüsselsatz um 25 statt der erwarteten 50 Basispunkte. „Der Leitzins ist in kurzer Zeit erheblich angehoben worden“, sagte Zentralbankchef Philip Lowe. Nun wolle man sich Zeit nehmen, die Aussichten für die Inflation und das Wirtschaftswachstum in Australien zu analysieren, begründete Lowe den vergleichsweise kleinen Zinsschritt. Zugleich erklärte die RBA, dass weitere Zinsschritte folgen dürften. Nach der sechsten Anhebung binnen eines halben Jahres liegt der Satz nun auf dem höchsten Niveau seit neun Jahren.

An den Finanzmärkten führte der Schritt dennoch zur Hoffnung auf eine etwas weniger harte Geldpolitik der Notenbanken – was insbesondere die Aktienkurse stützte. Dazu trugen auch schwächere Konjunkturdaten aus den USA bei, die ebenfalls Erwartungen nährten, dass die Fed künftig etwas weniger aggressiv vorgehen könnte, um die US-Wirtschaft vor einem Kollaps zu bewahren.

Ob die RBA Vorbild für die Fed und andere Zentralbanken ist, darüber gehen die Meinungen aber auseinander. Viele Investoren und Ökonomen sehen die Zentralbanken noch lange nicht am Ende ihres Zinserhöhungskurses. Viele führende Währungshüter haben zuletzt klargemacht, dass für sie der Kampf gegen die Inflation derzeit Priorität hat. Auch am Dienstag betonten US- und Euro-Währungshüter die Bereitschaft zu weiteren kräftigen Zinserhöhungen (siehe Texte auf dieser und auf Seite 7).

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.