Geldpolitik

Spekulationen über Zeitpunkt der ersten EZB-Zinserhöhung

Die Unsicherheit und die Spekulationen über den weiteren Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) und vor allem den Zeitpunkt einer ersten Zinserhöhung reißen nicht ab.

Spekulationen über Zeitpunkt der ersten EZB-Zinserhöhung

ms Frankfurt

Die Unsicherheit und die Spekulationen über den weiteren Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) und vor allem den Zeitpunkt einer ersten Zinserhöhung in Euroland reißen nicht ab. Die Großbank Morgan Stanley revidierte am Dienstag ihre EZB-Prognose und erwartet eine erste Zinserhöhung jetzt bereits im Dezember 2022 sowie ein Ende der Negativzinspolitik im März 2023. Auch die Ratingagentur S&P hält nun eine erste Anhebung 2022 für möglich. Andere Beobachter bleiben in­des dabei, dass sie teils bis weit ins Jahr 2023 keinen Zinsschritt sehen.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte mit ihrem Auftritt vergangenen Donnerstag für Aufsehen ge­sorgt. Sie hatte sich besorgter als zu­vor über die rekordhohe Inflation im Euroraum geäußert und anders als noch im Dezember eine Zinserhöhung in diesem Jahr nicht mehr ausschließen wollen. Ihr Auftritt am Montag vor dem EU-Parlament war dann sehr unterschiedlich wahrgenommen worden: Einige Beobachter argumentierten, sie habe Inflationssorgen und Zinsfantasien gedämpft. Andere fanden, sie habe die Zinsspekulationen bestätigt und verstärkt.

Die Experten von Morgan Stanley um Europa-Chefvolkswirt Jens Eisenschmidt erwarten nun ein schnelleres Ende der EZB-Nettoanleihekäufe in diesem Jahr und eine erste Erhöhung des Einlagenzinses von aktuell –0,5% um 10 Basispunkte im Dezember. Für die beiden darauffolgenden Sitzungen sagen sie weitere Anhebungen um jeweils 20 Basispunkte voraus, was bedeuten würde, dass der Einlagensatz im März 2023 aus dem negativen Bereich heraus wäre. Eisenschmidt hat seinen Posten bei Morgan Stanley erst Anfang Februar begonnen – nach mehr als 14 Jahren bei der EZB.

Dagegen sagte jetzt etwa der Chefvolkswirt des weltgrößten Rückversicherers Munich Re, Michael Menhart: „Ich erwarte, dass die EZB, trotz ihrer jüngst veränderten Kommunikation, die expansive Geldpolitik nur zaghaft korrigiert und es keinen Zinsschritt in diesem Jahr geben wird.“

Unterdessen nehmen die Inflationssorgen weiter zu. Laut der am Dienstag veröffentlichten Monatsfrage des Investorenverbands DVFA erwarten die Investmentprofis mehrheitlich eine dauerhaft höhere Inflation im Euroraum. Auf die Frage, in welcher Größenordnung sich der Inflationspfad in Deutschland nach oben verschieben könnte, antworten 36% mit „um über 2%“ und 26% „um etwa 1,5%“.