Ifo-Geschäftsklima

Stimmung der Auto-Industrie verschlechtert sich rasant

Der deutschen Industrie geht es schlecht - vor allem in der Autobranche wird die Stimmung rasant schlechter. Vor allem der Auftragsmangel sorgt für Verdruss.

Stimmung der Auto-Industrie verschlechtert sich rasant

ba Frankfurt

Um die deutsche Industrie ist es derzeit schlecht bestellt, entsprechend mau ist die Stimmung − vor allem in einem der wichtigsten Segmente hierzulande: Der Autoindustrie. Den monatlichen Ifo-Umfragen zufolge wird hier die Stimmung rasant schlechter und es werden massiv Jobs gestrichen, prominentestes Beispiel ist VW. Zumindest die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten und die damit drohenden Zollerhöhungen schlagen bislang noch nicht sichtbar auf die Stimmung durch.

Lageindikator gibt stärker nach

Der Geschäftsklimaindex der deutschen Automobilindustrie gab laut Ifo im November um 3,5 auf minus 32,1 Punkte nach. Dabei beurteilen die Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage nochmals deutlich schlechter als im Oktober und blicken noch pessimistischer auf die kommenden sechs Monaten: Der Indikator der Geschäftslage fiel um 4,9 auf minus 33,9 Punkte, das Barometer der Geschäftserwartungen um 2,2 auf minus 30,4 Zähler.

Die Details zeichnen das Ergebnis der Einkaufsmanagerumfrage nach: Neuaufträge sind Mangelware, vor allem bei den Exportaufträgen hat sich die Lage im November weiter verschlechtert. Die Beschäftigungsaussichten kennen seit Mitte 2023 nur den beschleunigten Weg bergab und allein die Hoffnung auf eine Wende der Wirtschaftspolitik einer neugewählten Bundesregierung vermag die Geschäftsaussichten zu beflügeln.

Nachfrage ist das Problem

„Die Branche steckt fest in der aktuellen Gemengelage aus tiefgreifender Transformation, intensivem Wettbewerb und schwacher Konjunktur“, sagt Ifo-Branchenexpertin Anita Wölfl. Das Stimmungstief sei vor allem der schwachen Nachfrage geschuldet: „Der Auftragsberg, den die Unternehmen der Autoindustrie angesichts von Pandemie und Lieferkettenproblemen seit Anfang 2021 angehäuft hatten, ist abgearbeitet." Neue Aufträge kämen zwar herein, würden aber nicht ausreichen, um die Kapazitäten auszulasten.

Gut 3 Überstunden pro Monat

Die Krise zeige sich auch bei der Arbeitsnachfrage: Der Index der Beschäftigungserwartungen liegt mit minus 34,1 Punkten trotz leichtem Anstieg auf einem Langzeittief. „Viele Unternehmen der Autoindustrie halten sich bei Neueinstellungen zurück oder diskutieren über Stellenkürzungen“, so Wölfl. Einer IAB-Auswertung zufolge greift vor allem die Industrie kräftig auf bezahlte und unbezahlte Überstunden zurück: Im dritten Quartal wurden im produzierenden Gewerbe ohne Bau im Schnitt 3,3 bezahlte und 2,8 unbezahlte Überstunden pro Monat geleistet.

Noch kein negativer Trump-Effekt

Auch beim Auslandsgeschäft blicken die Unternehmen den kommenden Monaten pessimistisch entgegen. Ein negativer Trump-Effekt scheint Wölfl zufolge ausgeblieben zu sein, auch wenn die Unternehmen immer noch pessimistisch für das Auslandsgeschäft sind. Der entsprechende Indikator kletterte um 12,1 auf minus 31,3 Punkte. „Die Unternehmen warten noch ab, wie sich die Handelspolitik entwickeln wird“, sagt Wölfl. Zudem habe der Dollar nach der Wahl kräftig aufgewertet, wovon die Exporteure profitieren können.

Die Zurückhaltung der Verbraucher beim Autokauf zeigt sich in zudem in den Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zu den Umsätzen im Autohandel und der KfZ-Werkstätten. Letztere haben in den ersten neun Monaten dieses Jahres mit der Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen preisbereinigt 2,5% mehr Umsatz erzielt als im Vorjahreszeitraum. Der Handel mit Kraftwagen hat hingegen real 1,3% weniger Umsatz erwirtschaftet als im Vorjahreszeitraum. In den ersten drei Quartalen war zudem der Beschäftigungszuwachs im Autohandel mit 3,2% stärker als in Kfz-Werkstätten mit 2,5%.

Geringeres Interesse an E-Autos

„Ein Grund für das Umsatzplus der Kfz-Werkstätten und den Umsatzrückgang im Autohandel dürfte die Zurückhaltung beim Kauf von Neu- und Gebrauchtwagen sein“, erklärten die Wiesbadener Statistiker. Zudem sei die staatliche Förderung in Form einer Kaufprämie für Elektroautos im Dezember 2023 ausgelaufen. Von Januar bis Oktober sanken die Neuzulassungen um 0,4% zum Vorjahr auf insgesamt knapp 2,35 Millionen Neuwagen. Im gleichen Zeitraum wurden allerdings wurden 26,6% weniger E-Autos neu zugelassen. Somit gab der Anteil der E-Autos an allen Neuzulassungen auf 13,3% zurück − im Jahr zuvor waren es noch 18,0%.

In Deutschland sind laut Kraftfahrt-Bundesamt derzeit so viele Pkw zugelassen wie nie zuvor: Zum 1. Juli 2024 waren es rund 49,39 Millionen Pkw, davon fahren 3,1% mit reinem Elektroantrieb. Im Jahr 2022 besaßen rund 78 % der Haushalte in Deutschland mindestens einen Pkw. Auf 100 Haushalte kamen im Schnitt gut 109 Autos, wovon 64 gebraucht gekauft, 39 neu gekauft und 6 geleast waren. 

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