Kaum Aussicht auf Besserung

Stimmung im Wohnungsbau so mies wie noch nie

Die Krise im Wohnungsbau spitzt sich immer weiter zu: Im Dezember ist die Stimmung mies wie nie, die Aussichten bleiben trübe. Für etwas Entspannung sorgt nur der nachlassende Preisdruck.

Stimmung im Wohnungsbau so mies wie noch nie

Wohnungsbau steckt im absoluten Stimmungstief

Ifo-Barometer im Keller – DIW prognostiziert Besserung für 2025 – Baupreise steigen weniger kräftig

ba Frankfurt

Die Lage im deutschen Wohnungsbau wird immer angespannter. Die Stimmung ist auf dem Allzeittief seit Beginn der Ifo-Umfrage 1991 und die Aussichten sind düster: Laut einer DIW-Studie dürfte das Wohnungsbauvolumen in diesem Jahr trotz sinkender Preise sowohl nominal als auch real deutlich zurückgehen. Auch die Maßnahmen an bestehenden Gebäuden dürften geringer ausfallen als im vergangenen Jahr, wenn auch der Rückschlag weniger kräftig als bei den Neubauten sein wird. Etwas Entspannung bringt der nachlassende Preisdruck.

Firmen ohne Hoffnung

Laut der Ifo-Umfrage ist das Geschäftsklimabarometer im Wohnungsbau im Dezember auf –56,8 Punkte gefallen. Im November waren es noch –54,4 Zähler. Dabei griff die Unzufriedenheit mit der aktuellen Lage immer weiter um sich und die Unternehmen befürchteten für das erste Halbjahr 2024 weitere Geschäftseinbußen. „Obwohl die Zinsen für Baufinanzierungen zuletzt wieder gesunken sind, ist noch keine Entspannung in Sicht“, erklärte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. „Die außergewöhnlich schwachen Erwartungen zeigen, dass die Firmen aktuell keine Hoffnung haben.“

Entspannung von Seiten der Preise

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erwartet, dass das Wohnungsbauvolumen in diesem Jahr nominal um 5,4% auf 304,6 Mrd. Euro zurückgeht. Bereinigt um die Inflation erwartet das DIW ein Minus von 3,4%. Im vergangenen Jahr war das nominale Wohnungsbauvolumen noch um 5,5% gestiegen. „Die Baupreisinflation dürfte diesen Anstieg jedoch komplett geschluckt haben, sodass real ein Rückgang von 2,3% zu Buche steht“, heißt es beim DIW. Für 2025 erwarten die Forscher einen leichten nominalen Rückgang um 0,4%. Da die Preise auch dann noch sinken dürften, ergebe sich nach dann drei Minus-Jahren ein realer Zuwachs von 0,4%. Im November lagen laut Destatis die Preise für den Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude um 4,3% über dem Niveau des Vorjahresmonats. Im vorherigen Berichtsmonat August hatte der Preisanstieg noch 6,4% betragen, nach 8,8% im Mai.

Stornoquote steigt

Die von der Ampel-Regierung ausgegebene Zielmarke von 400.000 neuen Wohnungen jährlich sieht das DIW jedenfalls immer mehr in die Ferne rücken. Die Probleme der Baubranche hätten 2021 mit Material- und Lieferengpässen begonnen und sich in den Jahren 2022/23 mit der Energiekrise und dem Kaufkraftverlust der Haushalte durch die Verbraucherpreisinflation fortgesetzt. Hinzu kamen rapide steigende Zinsen, die die Finanzierung von Bauprojekten besonders für private Haushalte, aber auch für Unternehmen erheblich erschwerten, erklärt das DIW. Projekte wurden daher eingeschränkt, storniert oder gar nicht in Angriff genommen. Laut Ifo beklagten im Dezember rund 22,1% der Befragten Auftragsstornierungen – im November waren es 21,5%. Von zu niedrigen Auftragsbeständen berichteten 56,9% der Unternehmen.

„Die Verunsicherung der potenziellen Bauherren sitzt tief“, sagte Wohlrabe. 2023 sei ein ausgesprochen schwieriges Jahr für den Wohnungsbau gewesen. Das Neugeschäft sei weit unter dem Niveau der Vorjahre zurückgeblieben. „Nur der hohe Auftragsbestand, mit dem die Betriebe in die Krise gestartet waren, sowie die langen Projektlaufzeiten hatten einen noch stärkeren Einbruch der Bautätigkeit verhindert“, so Wohlrabe.

„Um die Bauwirtschaft wieder in Schwung zu bringen, muss die Politik die Verunsicherung über die Förderprogramme schnellstmöglich beseitigen“, empfiehlt das DIW. Dazu zählten insbesondere die Förderprogramme in der energieeffizienten Gebäudesanierung, aber eben auch im Wohnungsneubau. Die Bauunternehmen wiederum sollten frei werdende Kapazitäten in die energetische Sanierung von Gebäuden lenken.

Dass im Bundeshaushalt 2024 wohl keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt würden, um den Wohnungsbaumotor wieder anzuschmeißen, sei „enorm bitter für unser Land und zigtausende Mieterinnen und Mieter“, sagte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Sollte die Regierung an dieser Entscheidung festhalten, müssten die Standards – auch im Bereich der Energieeffizienz – gesenkt und der Weg frei gemacht werden für serielles Bauen und Sanieren. Zudem empfiehlt Müller die Einführung des digitalen Bauantrags und bundesweit einheitlicher, digitaler Verwaltungsprozesse sowie die Vereinheitlichung der 16 Landesbauordnungen hin zu einer verbindlichen Bundesbauordnung. „Das alles kann Baukosten senken und kostet keinen Cent.“ Auch der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen prangert die immer aufwendigeren Anforderungen als Ursache an, dass das Bauen „schlicht und einfach viel zu teuer“ und damit derart unwirtschaftlich geworden ist. „Das kann sich niemand mehr leisten. Weder finanziell noch gesellschaftlich“, betont BFW-Präsident Dirk Salewski.

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