Deutsch-polnische Regierungskonsultationen

Suche nach einem soliden Partner in Europa

Berlin setzt verstärkt auf Warschau, wenn es um den Zusammenhalt in Europa geht. Doch die Vorbehalte bleiben groß und die polnischen Rechten sind weiter stark.

Suche nach einem soliden Partner in Europa

Suche nach einem
soliden Partner in Europa

Deutsch-polnische Regierungskonsultation in Warschau

sb Warschau

Bei den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen in Warschau am Dienstag, immerhin das erste Mal seit sechs Jahren wieder, ging es zunächst um eine „Rückkehr zur Normalität“. Viele Jahre hatte es eine diplomatische Funkstille zwischen beiden Ländern gegeben, weil die nationalkonservative Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) den Kontakt abgelehnt hatte. Sie hatte im Herbst 2023 nach der Wahlniederlage in die Opposition gehen müssen.

Doch jetzt stehen die Zeichen auf Annäherung. Der polnische Regierungschef Donald Tusk sprach von „neuen Impulsen“. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte, dass „Deutschland sich eine starke polnische Stimme in Europa“ wünsche. Beide hatten einen gemeinsamen Aktionsplan vorgestellt, der auch Vorhaben aus der Wirtschaft und der Finanzbranche enthält.

So wollen beide Länder „Maßnahmen ergreifen, um private Investitionen und Innovationen überall in der EU anzukurbeln“. Sie versprachen, die Integration der europäischen Kapitalmärkte voranzutreiben und unnötige bürokratische Belastungen abzuschaffen. Darüber hinaus soll ein florierendes Umfeld für Fintech-Unternehmen entstehen. Hierzu wird ein Expertendialog zu Fintech zwischen den Finanzministerien ins Leben gerufen.

Für Polens Wirtschaft, die sehr stark auf den Außenhandel ausgerichtet ist, ist Deutschland der wichtigste Partner. Im bilateralen Handel generiert Polen knapp ein Viertel seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus der Zusammenarbeit. Umgekehrt will sich auch Deutschland Polen als neuen soliden Partner in Europa sichern, nachdem die deutsch-französische Achse aktuell zusammenzubrechen droht. Am Sonntag hat in Frankreich die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) um Marine Le Pen den ersten Wahlgang bei den Parlamentswahlen gewonnen. Auch Italien mit Giorgia Meloni, der nationalkonservativen Ministerpräsidentin, an der Spitze fällt für Deutschland als solider Bündnispartner aus. Und in Spanien regiert seit 2018 die Sozialistische Partei, die sich auf eine schwierige Minderheitsregierung mit regionalen separatistischen Parteien stützt.

Rechte Kräfte bleiben stark

Ob die Zusammenarbeit mit Warschau hält, ist indessen unklar. Denn die polnische Führung stützt sich auf ein komplexes Bündnis von mehreren Parteien, das leicht auseinanderfallen kann. Darüber hinaus hatte die PiS von Kaczynski bei den vergangenen Wahlen 35,4% erreicht. Die Konföderation, ein neues Sammelbecken rechter Parteien, kann sich immerhin auf 7,2% stützen. Auch ist die Skepsis gegenüber Deutschland in Polen tief verwurzelt, unabhängig davon, ob die deutsche und polnische Regierung wieder verstärkt miteinander reden.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.