Teilzeit treibt Ungleichheit der Einkommen
ast Frankfurt
Die Ungleichheit bei den Erwerbseinkommen in Deutschland ist seit 1993 nahezu kontinuierlich gestiegen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin kommt in einer Untersuchung zu dem Schluss, dass dieser Trend in erster Linie auf die Entwicklung der Arbeitszeiten zurückgeht – und viel weniger auf die Höhe der Stundenlöhne. So schreiben die Forscher, dass Beschäftigte mit geringen Löhnen heutzutage deutlich weniger arbeiteten als früher. Allerdings stimmten die gewünschte und die tatsächliche Arbeitszeit nicht immer überein.
In der Studie zeigen die DIW-Ökonomen Mattis Beckmannshagen und Carsten Schröder auf, dass sich die Arbeitszeitenverteilung zwischen den Einkommensgruppen verschoben hat. So arbeiteten Beschäftigte mit geringen Löhnen 1993 noch vergleichsweise viel, was die Ungleichheit der Erwerbseinkommen um etwa 7% verkleinerte, so die Autoren. Inzwischen – das aktuellste in der Studie berücksichtigte Jahr ist 2018 – arbeiten Gut- und Besserverdiener vergleichsweise mehr. Das wiederum vergrößere die Ungleichheit der Einkommen um 12%.
Diese Verschiebung liegt vor allem daran, dass der Anteil von erwerbstätigen Frauen und Beschäftigten im Dienstleistungssektor deutlich zugenommen hat. Diese arbeiten oft aber weniger, als sie gerne würden. Hätten die Beschäftigten ihre individuell gewünschte Arbeitszeit realisieren können, wäre die Ungleichheit weniger deutlich gestiegen, so das Ergebnis der DIW-Rechnung.
„Dass sich die Veränderungen in der Arbeitszeit nicht mit den Präferenzen der Beschäftigten decken, ist sozialpolitisch problematisch“, kommentierte Studienautor Schröder die Ergebnisse. „Die Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf reichen offensichtlich nach wie vor nicht aus.“ Politik und Unternehmen obliegt demnach die Aufgabe, für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu sorgen und mehr Möglichkeiten zu schaffen, im Niedriglohnsektor die Arbeitszeit auszuweiten.