„Testballon“ im Weihnachtsurlaub
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Im Einklang mit den Marktausschlägen zeigen sich Geldpolitik-Experten verblüfft von der Entscheidung der Bank of Japan, höhere Renditen für zehnjährige Staatsanleihen zuzulassen – und spekulieren über Motive und Zeitpunkt. Nach Auffassung von LBBW-Volkswirt Matthias Krieger dürfte dieser Schritt „auch ein Testballon sein, um zu sehen, wie und wie stark der Markt reagiert“. Aus der Research-Abteilung der Deutschen Bank heißt es, Japans Währungshüter hätten wohl einkalkuliert, dass viele ausländische Investoren bereits im Weihnachtsurlaub seien und Papiere daher vorerst nicht aktiv verkauften. Der verbreitete Eindruck: Dies scheint nur ein Vorspiel für 2023.
Hintergrund ist, dass auch in Japan die Inflation ein noch vor Kurzem nicht für möglich gehaltenes Comeback gibt. Die Verbraucherpreise steigen zwar längst nicht so stark wie in Europa und den USA. Gleichwohl ist die Inflationsrate von 3,7% für japanische Verhältnisse außergewöhnlich hoch. Inzwischen ziehen die Löhne so stark an wie lange nicht – ein Hinweis, dass sich die Inflation verfestigen könnte.
Andreas Busch, Ökonom des Vermögensverwalters Bantleon, sieht Japan „auf dem Weg, die jahrzehntelange Disinflations- bzw. Deflationsphase zu überwinden“. In diesem Lichte müsse man die aktuelle Entscheidung sehen: Die Tage der ultraexpansiven Geldpolitik seien gezählt. Aus Sicht der Deutschen Bank werten Marktteilnehmer den Schritt „zu Recht als Beginn einer Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik der letzten Jahre und mit globalen Auswirkungen“. Das wird sich nächstes Jahr zeigen. Andere meinen, für den Moment gehe es der Bank of Japan primär um die Funktionsfähigkeit des Rentenmarktes.