Großbritannien

Teuerungsrate sinkt zweiten Monat in Folge

Die Inflation in Großbritannien hat den zweiten Monat in Folge nachgelassen, ist dabei aber zweistellig geblieben. Lebensmittel gehörten zu den wichtigsten Treibern. Auch der Preisauftrieb bei Dienstleistungen nahm zu.

Teuerungsrate sinkt zweiten Monat in Folge

hip London

Aus Sicht mancher Marktteilnehmer hat die Inflation in Großbritannien ihren Höhepunkt bereits überschritten – bei 11,1 % im Oktober 2022. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, ist sie von 10,7 % im November auf 10,5 % im Dezember gesunken. Die Bank of England hatte in ihrem jüngsten Inflationsbericht noch 10,9 % angesetzt. In der Eurozone und den USA hatte die Teuerung zuletzt ebenfalls nachgelassen, was den Eindruck entstehen ließ, dass sich der Preisdruck vor dem Hintergrund sinkender Öl- und Gaspreise sowie einer Normalisierung der Beschaffungsketten weltweit ab­schwächt.

„Bescheidene Abnahme“

„Es ist wichtig zu betonen, dass es sich um eine ziemlich bescheidene Abnahme handelt, auch wenn wir einen zweiten Rückgang in Folge verzeichnet haben, und dass sich die Inflation weiterhin auf einem sehr hohen Niveau mit insgesamt stark steigenden Preisen befindet“, kommentierte der ONS-Chefvolkswirt Grant Fitzner die britischen Daten für die BBC. Das von Bankvolkswirten im Schnitt so erwartete Nachlassen des Preisauftriebs war vor allem sinkenden Kraftstoffpreisen zu verdanken. Die Energiepreise dürften aber volatil bleiben, solange sich kein Ende des Ukraine-Kriegs abzeichnet. Auch die Lebensmittelpreise stiegen im Dezember – um rund 17 %. Solche Preissprünge wurden zuletzt 1977 verzeichnet. Grundnahrungsmittel wie Milch, Käse und Eier verzeichneten die höchsten Zuwächse.

Die von der Bank of England mit Argusaugen verfolgte Kernrate, bei deren Berechnung schwankungsanfällige Komponenten wie Lebensmittel und Energie nicht berücksichtigt werden, blieb mit 6,3 % hartnäckig hoch. Zudem nahm der Preisauftrieb bei Dienstleistungen von 6,3 % auf 6,8 % zu. Die Daten für Dezember gehören zu den letzten Inputfaktoren, von denen die Geldpolitiker vor ihrer Sitzung am 1. Februar beeinflusst werden dürften. Andrew Bailey, der Gouverneur der Bank of England, hatte zuletzt vor den Inflationsrisiken gewarnt, die durch den aktuellen Arbeitskräftemangel entstehen. Was ebenfalls eine Rolle spielen dürfte, sind die Forderungen der Gewerkschaften des öffentlichen Diensts nach über einen Inflationsausgleich hinausgehenden Lohnerhöhungen.

Nachdem die jüngsten Daten zum Arbeitsmarkt und zum Wirtschaftswachstum den Eindruck vermittelten, dass sich die britische Wirtschaft in Schlussquartal 2022 besser als gedacht entwickelt hat, gehen viele Volkswirte davon aus, dass das geldpolitische Komitee (Monetary Policy Committee, MPC) den Leitzins am 2. Februar um weitere 50 Basispunkte auf dann 4,00 % erhöhen wird.

Vom ONS ebenfalls vorgelegte Daten zum Häusermarkt zeigen, dass die Wohnimmobilienpreise im No­vem­ber um 0,3 % gesunken sind. Besitzer eines Eigenheims dürfen sich damit im Vorjahresvergleich zwar immer noch über einen zweistelligen Wertzuwachs freuen. Doch waren es im Juli noch 14,8 %, belief er sich im November nur noch auf 10,3 %. In London stiegen die Wohnimmobilienpreise im Vorjahresvergleich lediglich um 6,3 %. „Unglücklicherweise ist das nur die Ouvertüre zu der traurigen Melodie, zu der sich der Markt in den kommenden Monaten bewegen wird“, sagte die Analystin Sarah Coles von Hargreaves Lansdown. Im November seien so wenige Hypotheken bewilligt worden wie zuletzt im Juni 2020.