Hohe Wohnkosten

Türkische Inflation trotzt Zinserhöhungen

Die türkische Inflation verharrt trotz deutlich strafferer Geldpolitik den dritten Monat in Folge bei über 60%. Notenbankchefin Hafize Gaye Erkan blickt dennoch optimistisch in die Zukunft.

Türkische Inflation trotzt Zinserhöhungen

Türkische Inflation trotzt Zinserhöhungen

Teuerung verharrt bei über 60 Prozent – Wohnkosten steigen stark – Zentralbank erwartet baldiges Erreichen des Zinsplateaus

mpi Frankfurt

Angetrieben von stark steigenden Wohnkosten ist die Inflation in der Türkei im November leicht gestiegen. Die Verbraucherpreise legten im Jahresvergleich um 62,0% zu, nach 61,4% im Vormonat. Dies teilte das türkische Statistikamt am Montag in Ankara mit. Damit verharrt die Teuerung seit drei Monaten auf etwa demselben Niveau, obwohl die türkische Zentralbank den Leitzins mehrfach kräftig auf inzwischen 40% angehoben hat.

Der Realzins, also Leitzins abzüglich Inflation, ist allerdings weiter deutlich negativ. Die türkische Zentralbankchefin Hafize Gaye Erkan gibt sich jedoch zuversichtlich, dass das Zinsplateau in der Türkei bald erreicht sein könnte. „Ein Rückgang des zugrunde liegenden Inflationstrends“ habe begonnen, sagte Erkan vergangene Woche in einer Rede in Istanbul. Derzeit würden Faktoren, die außerhalb des Einflussbereichs der Notenbank liegen, den Inflationsdruck hoch halten. Dazu zählt sie etwa den steigenden Gasverbrauch der Bevölkerung. Seit der Wiederwahl Recep Tayyip Erdogans zum türkischen Präsidenten im Mai gilt ein Rabatt für 25 Kubikmeter Gas pro Haushalt. Mit dem Einsetzen des kühleren Wetters im November haben viele Verbraucher dieses Kontingent überschritten.

Straffungszyklus bald abgeschlossen

Die türkische Notenbank geht in ihrer aktuellen Prognose davon aus, dass die Inflation im Mai mit 75% ihren Höhepunkt erreichen wird und dann bis Jahresende 2024 auf 36% fällt. Womit der Realzins im Laufe des kommenden Jahr positiv werden dürfte. Ende November hatte die türkische Notenbank den Leitzins um 5 Prozentpunkte auf 40% erhöht und damit deutlich kräftiger, als Ökonomen erwartet hatten. Gleichzeitig teilten die Notenbanker jedoch mit, dass das Zinsplateau bald erreicht sein dürfte „Das Tempo der geldpolitischen Straffung wird sich verlangsamen und der Straffungszyklus wird in kurzer Zeit abgeschlossen sein“, hieß es in einer Stellungnahme der Zentralbank.

Wahlen beeinflussen Teuerung

Sobald dies der Fall ist, wollen die Währungshüter den Leitzins längere Zeit konstant halten, um dafür zu sorgen, dass das Ziel der „nachhaltigen Preisstabilität“, erreicht wird. Davon ist die Türkei nicht nur angesichts einer der höchsten Inflationsraten der Welt noch weit entfernt. „Die Inflation wird eine Herausforderung bleiben“, schreiben Analysten der Deutschen Bank in einem Bericht. „Die bevorstehende Mindestlohnerhöhung, die angesichts der bevorstehenden Kommunalwahlen voraussichtlich umfangreich sein wird, sorgt für zusätzliche Unsicherheit für das nächste Jahr.“

Im März stehen Kommunalwahlen in der Türkei an. Beobachter gehen davon aus, dass die Regierung deshalb in den kommenden Monaten Wahlgeschenke verteilen wird – wie sie es bereits vor den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2023 getan hat. In der Folge kletterte die Inflation und auch die Staatsverschuldung.

Trotz der schwierigen Lage bei der Inflation blickt die Ratingagentur S&P positiv auf die Entwicklungen in der Türkei. Die erfolgten Zinserhöhungen und die weiter recht robuste türkische Wirtschaft veranlassten S&P am Donnerstag dazu, ihren Ausblick von „neutral“ auf „positiv“ heraufzustufen. Damit kann sich die Türkei Hoffnungen machen, dass ihr S&P-Rating von „B“ in Zukunft besser ausfällt. B steht für eine mangelhafte Bonität mit einer geringen Absicherung von Zins und Tilgung.

Lira stabilisiert sich

Ein höheres Rating und eine deutlich niedrige türkische Inflation sind für viele ausländische Investoren zentral, die in Erwägung ziehen, in der Türkei zu investieren. Die türkische Lira hat in diesem Jahr gegenüber dem Dollar bereits rund ein Drittel an Wert verloren. Seit dem Sommer ist der Wechselkurs jedoch weitgehend stabil. Seit August fallen zudem die kumulierten monatlichen Rückgänge der Lira geringer aus als die monatliche Inflation, womit die Lira seitdem real aufwertet.

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