Ukraine-Hilfe belastet Europäer nur marginal
Ukraine-Hilfe belastet Europäer nur marginal
Neue Berechnungen des IfW Kiel – Zusätzliche Finanzlasten durch Rückzug der USA
lz Frankfurt
Auf die Europäer kommen nach den jüngsten politischen Entwicklungen deutlich mehr Finanzlasten zu. US-Präsident Donald Trump hatte schon vorher eine Anhebung der Verteidigungsausgaben von bisher 2% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf bis zu 5% gefordert. Das hat sein Vize JD Vance nun auf der Münchner Sicherheitskonferenz unterstrichen. Die Partnerländer müssten künftig mehr für ihre eigene Sicherheit und für die Ukraine tun, meinte er.
Wie das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) in einer aktuellen Auswertung des „Ukraine-Trackers“ zeigt, haben die westlichen Geberländer die Ukraine während der vergangenen drei Kriegsjahre jährlich im Schnitt schon mit fast 90 Mrd. Euro unterstützt. Demnach wiesen die Geberländer der Ukraine in den drei Jahren insgesamt rund 267 Mrd. Euro an Unterstützung zu. Davon entfielen 49% auf militärische Hilfe, 44% auf finanzielle Unterstützung und 7% auf humanitäre Hilfe.
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Gemessen an der Wirtschaftsleistung der Geberstaaten sind die Hilfen allerdings nach wie vor recht niedrig. Deutschland, Großbritannien und die USA hätten weniger als 0,2% des BIP im Jahr dafür mobilisiert. Frankreich, Italien und Spanien stellten etwa 0,1% ihres jährlichen BIP bereit. Selbst kleine innenpolitische Prioritäten seien um ein Vielfaches höher.
Dieselprivileg schlägt Ukraine
Die Kieler Forscher führen etwa die Steuersubventionen für Dieselkraftstoff („Dieselprivileg“) an. Die Kosten dafür seien dreimal höher pro Jahr als die deutsche Militärhilfe für die Ukraine. Auch die steuerliche Subventionierung von Firmenwagen oder die neu eingeführte sogenannte Mütterrente seien um ein Vielfaches kostspieliger. „Betrachtet man die Staatshaushalte der meisten europäischen Geberländer, so erscheint die Unterstützung der Ukraine in den letzten drei Jahren eher als kleines ‚Nebenprojekt‘ denn als große finanzielle Anstrengung“, resümiert der Leiter des Trackers am IfW Kiel, Christoph Trebesch.
Drei Jahre nach Beginn des Krieges gelinge es den europäischen Gebern aber langsam, sich besser zu koordinieren und neue Mechanismen für die gemeinsame Beschaffung industrieller Waffen für die Ukraine einzuführen. „Russlands Krieg ist zu einem Wettstreit bei der Beschaffung und Waffenproduktion geworden“, schreibt Trebesch. „Es ist daher essenziell, die industrielle Kapazität für die Verteidigung Europas auszubauen.“
Rüstung steigert Wachstum
Die Kieler Forscher weisen darauf hin, dass sich an der Finanzierung eines Krieges letztendlich auch der Ausgang mitentscheidet. In einer umfassenden Studie über mehr als 700 Konflikte von 1977 bis 2013 haben die Ökonomen den kausalen Effekt steigender Militärausgaben nachgewiesen: Erhöhen sich die Militärausgaben einer der Konfliktparteien um 10 Prozentpunkte des BIP, steigert sich damit die Wahrscheinlichkeit des militärischen Erfolgs um 32 Prozentpunkte.
Bezogen auf Europa würden höhere Verteidigungsausgaben zudem das Wirtschaftswachstum deutlich ankurbeln und den Industriestandort signifikant stärken, zeigt eine andere Studie der Kieler Ökonomen, sofern die zusätzlichen Mittel für modernste Rüstungsgüter aus europäischer Produktion ausgeben würden. Das BIP könnte um 0,9 bis 1,5% im Jahr zulegen, wenn alle EU-Staaten im entsprechenden Jahr ihre Militärausgaben vom bisherigen Nato-Ziel von 2% des BIP auf 3,5% anheben und von überwiegend US-amerikanischen auf heimische Hightech-Waffen umsteigen würden, haben die Wissenschaftler anhand von Simulationen herausgefunden.