Umstrittener Zinsentscheid in Großbritannien
Umstrittene Zinsentscheidung
Britische Zentralbank verlängert Zinspause – Ein Drittel der Mitglieder des geldpolitischen Komitees stimmt für Erhöhung
Die britische Notenbank verlängert die Zinspause und belässt den Leitzins wie erwartet bei 5,25%. Ökonomen halten das Zinsplateau mehrheitlich trotz hoher Inflationsrate für erreicht. Die Mitglieder des geldpolitischen Komitees der Bank of England sind in dieser Frage uneins. Das zeigt auch das Abstimmungsverhalten.
mpi Frankfurt
Die Bank of England (BoE) spricht sich für eine länger anhaltende restriktive Geldpolitik aus, verzichtet aber am Donnerstag auf eine weitere Zinserhöhung. Der Leitzins bleibt bei 5,25%, wie die Währungshüter in London mitteilten. „Angesichts des deutlichen Anstiegs des Leitzinses seit Beginn dieses Straffungszyklus ist der aktuelle geldpolitische Kurs restriktiv“, heißt es in der Stellungnahme des geldpolitischen Komitees (MPC) zum Zinsentscheid.
Für drei der neun MPC-Mitglieder ist er jedoch nicht restriktiv genug, um die Inflation mittelfristig auf den Zielwert von 2% zu senken. Sie stimmten am Donnerstag für eine Erhöhung um 25 Basispunkte. Im September lag die britische Teuerung bei 6,7%.
Lager der Befürworter einer Zinserhöhung schrumpft
Damit schrumpfte allerdings das Lager der Befürworter einer weiteren Zinserhöhung. Im September, als die BoE nach 14 Zinserhöhungen in Folge das erste Mal eine Zinspause einlegte, hatten noch vier MPC-Mitglieder eine Anhebung favorisiert.
Eine Erhöhung im Dezember ist aber weiter nicht vom Tisch. „Wir haben die Zinssätze diesen Monat unverändert gelassen, werden aber genau beobachten, ob weitere Zinserhöhungen erforderlich sind“, sagte BoE-Chef Andrew Bailey. Sollte es Anzeichen geben, dass der Inflationsdruck hartnäckiger als gedacht ist, werde es eine weitere Zinserhöhung geben.
Rücksetzer der Inflation erwartet
Volkswirte rechnen damit, dass die Inflation bis Ende des Jahres auf unter 5% fällt. „Ein zu erwartender deutlicher Rücksetzer der britischen Inflation im Oktober dürfte die Zuversicht unter den Notenbankern wachsen lassen, dass die Geldpolitik restriktiv genug ist, um das Inflationsproblem nachhaltig einzudämmen“, meint LBBW-Ökonom Elmar Völker. „Es kommt hinzu, dass sich die Aussichten für die britische Wirtschaft nach Einschätzung der BoE seit der letzten Aktualisierung vom August 2023 ein Stück weit eingetrübt haben."
Die britische Notenbank prognostiziert, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Sommer stagniert hat und im laufenden vierten Quartal nur leicht um 0,1% zulegen kann. Für 2024 erwartet sie eine Stagnation und für 2025 ein Wachstum von 0,25%. Dies spricht nach Ansicht vieler Volkswirte gegen eine weitere Zinserhöhung im laufenden Zyklus.
Fehlende Daten zum Arbeitsmarkt
Helaba-Ökonom Ulrich Wortberg hält nicht nur wegen der weiter deutlich zu hohen Inflationsrate eine Zinserhöhung im Dezember für möglich. „Auch die Lohnsteigerungen bergen Risiken“, sagte Wortberg. Wie genau die Lage auf dem britischen Arbeitsmarkt gerade aussieht, ist jedoch unklar, da das britische Statistikamt ONS Probleme mit seinen Umfragedaten hat.
Im Protokoll der Sitzung stellte das MPC daher fest, dass „zunehmende Unsicherheiten“ im Zusammenhang mit den ONS-Zahlen die Bedeutung der Berücksichtigung eines „breiten Datenspektrums“ unterstreichen. Bei der Lohnentwicklung gibt sich die Bank of England zuversichtlich. Das Wachstum dürfte sich entschleunigen, prognostizieren die Währungshüter.