DIE NEUE EU-KOMMISSION

Umweltschutz, Jobs, soziale Sicherheit

Eine Studie zeigt, was Europas Bürger jetzt von Brüssel erwarten - Die Prioritäten sind sehr unterschiedlich

Umweltschutz, Jobs, soziale Sicherheit

ahe Brüssel – Die neue EU-Kommission sollte sich bei ihrer künftigen Arbeit nach Ansicht der europäischen Bürger vor allem auf den Schutz der Umwelt, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Zukunftsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme konzentrieren. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der Bertelsmann Stiftung, an der gut 12 000 Personen in der ganzen EU-27 teilgenommen haben. Dabei gehörte Umwelt bei insgesamt 40 % der Befragten zu einem ihrer zwei Top-Themen für die künftige europäische Agenda. Arbeitsplätze kamen mit 34 % auf Platz 2 vor sozialer Sicherheit (23 %) und den Bürgerrechten (21 %).Die Autoren der “Eupinions”-Studie verweisen darauf, dass die Umfrageergebnisse darauf hindeuteten, dass einige der Arbeitsschwerpunkte der künftigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit den politischen Prioritäten der EU-Bürger übereinstimmten. Dies gelte insbesondere in Bezug auf ihre Vorschläge für einen neuen “Green Deal”, eine Ausweitung sozialer Rechte sowie ihre Absicht, durch die Vollendung der Kapitalunion einen Fokus auf Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum zu legen. Sorge LebenshaltungskostenDie Studie zeigt allerdings auch große Unterschiede zwischen den einzelnen EU-Staaten: In Deutschland setzten die Befragten das Thema Umweltschutz mit 49 % ganz klar an Nummer 1 ihrer Prioritätenliste. Arbeitsplätze wurden lediglich von 17 % genannt. Einen ganz anderen Stellenwert hat das Job-Thema dagegen in Italien (60 %), Spanien oder Frankreich (je 40 %). In Spanien setzte kaum jeder Dritte (32 %) Umweltschutz auf die To-do-Liste nach oben.Befragt nach der “persönlichen Sorgenliste” der Europäer, schaffte es der Punkt “steigende Lebenshaltungskosten” ganz nach oben. 51 % der Befragten haben hiervor Angst, gefolgt von gesundheitlichen Problemen (28 %), Arbeitsplatzunsicherheit (25 %) und Kriminalität (21 %). Doch auch hier zeigten sich wieder deutliche nationale Unterschiede: In Frankreich und Polen sind die steigenden Lebenshaltungskosten bei über 60 % der Befragten ganz oben auf der persönlichen Sorgenliste – in Deutschland sind es lediglich 44 %. In Deutschland gehört die Arbeitsplatzunsicherheit auch nur bei 12 % zu den Top-Themen. In Italien sind es dagegen 46 %. Dafür ängstigt die Bundesbürger das Thema politischer Radikalismus (28 %) – in den meisten anderen Ländern läuft der Punkt nur unter “Sonstiges”.In der Studie wurde darauf verwiesen, dass die Ergebnisse erneut eine “zerrissene europäische Öffentlichkeit” zeigten, mit der die Von-der-Leyen-Kommission jetzt umgehen müsse. Diese Öffentlichkeit erwarte einerseits viel von der EU-Politik und habe andererseits wenig Vertrauen in die Fähigkeit der EU, tatsächlich Ergebnisse zu erzielen. “Die Europäer müssen davon überzeugt werden, dass gemeinsame, europäische Politik Mehrwert schafft”, erklärte Isabell Hoffmann, Autorin und Leiterin der Bertelsmann-Studie.Die Bürger wollten Ergebnisse sehen, doch es werde sich zeigen, ob die neue Kommission alles umsetzen könne. “Längst nicht alle Anliegen der Europäer liegen im Kompetenzbereich der Kommission.” Umso wichtiger sei es für von der Leyen und ihr Team, das Funktionieren und den Mehrwert der EU zu erklären, betonte Hoffmann.Sehr unterschiedlich fielen in der Studie auch die Antworten über die künftige Entwicklung der EU im Allgemeinen aus. Für “mehr politische und ökonomische Integration” sprachen sich immerhin 54 % der Befragten aus. In Deutschland waren es 60 % – Franzosen (41 %) und Niederländer (39 %) zeigten sich deutlich skeptischer. Weitere EU-Austritte erwartetDeutliche Befürworter einer stärkeren Integration waren dafür Spanier (68 %) und Italiener (70 %). Den größten Rückhalt für ein starkes Europa erhalte die EU interessanterweise dort, wo die Sorgen um Arbeitsplätze am stärksten ausgeprägt seien, erklärte die Bertelsmann Stiftung hierzu.Die Entwicklung hin zu “Vereinigte Staaten von Europa” sieht mit 5 % aber nur eine kleine Minderheit der Befragten. Überraschend groß war dagegen die Erwartung, dass es nach dem Brexit zu weiteren Austritten aus der Union kommen wird. Immerhin 35 % der Studienteilnehmer rechnen mit dieser Zukunftsoption. 31 % gehen davon aus, dass es künftig unterschiedliche Integrationsgeschwindigkeiten geben wird. Dass die EU unverändert bleibt, glaubt nur jeder Fünfte.