Höchstes Wachstum seit März 2024

Unerwarteter Aufschwung der britischen Wirtschaft

Die britische Wirtschaft ist im Februar deutlich stärker gewachsen als erwartet. Die Zölle der USA, Steuererhöhungen in Großbritannien und der Arbeitsmarkt belasten jedoch den Ausblick.

Unerwarteter Aufschwung der britischen Wirtschaft

Unerwarteter Aufschwung der britischen Wirtschaft

Stärkstes Wachstum seit fast einem Jahr – Zölle, Steuererhöhungen und Arbeitsmarkt belasten jedoch Ausblick

mpi Frankfurt

Die britische Wirtschaft wächst wieder. Im Februar legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach der Stagnation zum Jahresauftakt um 0,5% im Vergleich zum Vormonat zu. Von Reuters befragte Ökonomen hatten im Schnitt dagegen nur mit einem Mini-Wachstum von 0,1% gerechnet. Für den Aufschwung ist vor allem die Industrie verantwortlich, wo die Produktion um 2,2% gewachsen ist. Laut den Daten des britischen Statistikamts vom Freitag war das Wachstum insbesondere in der Automobil-, Pharma- und der Elektronikbranche hoch.

Im ersten Quartal dürfte die britische Wirtschaft damit eine zwischenzeitliche befürchtete Rezession vermieden haben. Seit der Regierungsübernahme in Großbritannien durch Labour ist die Wirtschaft um 0,9% gewachsen. Finanzministerin Rachel Reeves bezeichnete die Daten am Freitag als „ermutigend“. Ob es jedoch so positiv weitergeht, ist fraglich.

Bei einem vom Finanznachrichtendienst MNI organisierten Webcast sprach Sarah Breeden, Mitglied des Monetary Policy Committee (MPC) der Bank of England davon, dass die Handelspolitik der USA „erheblichen Einfluss“ auf den Wirtschaftsausblick Großbritanniens haben werde. Denn die Unsicherheit sei angesichts des Zollkurses von US-Präsident Donald Trump enorm hoch. Dies lasse Unternehmen und Verbraucher bei Investitionen und Konsum zögern.

Indirekte Effekte

Bei den sogenannten reziproken Zöllen hatten die USA für Großbritannien nur den Minimalsatz von 10% verhängt. Zudem spielen Exporte in die USA für die britische Wirtschaft eine weit geringere Rolle wie für die Eurozone oder China. ING-Ökonom James Smith betont jedoch die indirekten Auswirkungen der Zölle. „Ja, die Zölle sind ein Gegenwind, aber weniger wegen der direkten Auswirkungen auf die britischen Produzenten, sondern eher als Nebenprodukt dessen, was mit den wirtschaftlichen Aussichten der USA insgesamt geschieht.“

Ein anderer Knackpunkt für die britische Wirtschaft ist laut Smith der Arbeitsmarkt. „Die vor einigen Tagen in Kraft getretene erhebliche Steuererhöhung für Arbeitgeber hat verschiedenen Umfragen zufolge zu einem spürbaren Rückgang der Einstellungsabsichten geführt.“ Eine Abkühlung am Arbeitsmarkt könnte zu einem geringeren Lohnwachstum führen und so den Inflationsdruck senken. Zuletzt lag das Lohnwachstum bei rund 6%.

Auswirkungen der Zölle auf Inflation unklar

Während Notenbankerin Breeden durch den Zollkonflikt eindeutig eine Abschwächung der wirtschaftlichen Aktivität erwartet, seien die Effekte auf die Inflation in Großbritannien unklar. Lieferkettenstörungen könnten den Preisdruck erhöhen, eine geringere Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen dagegen die Inflation abschwächen. Außerdem könnte das Pfund durch die Zölle deutlich abwerten und dadurch Importe verteuern. „Noch ist das nicht passiert, aber das könnte sich ändern“, sagte Breeden.

Wie für andere Währungsräume auch erwarten die Finanzmärkte für Großbritannien durch die Zölle der USA eine lockerere Geldpolitik. Eingepreist sind nun drei Zinssenkungen um je 25 Basispunkte bis zum Jahresende. Der nächste Zinsentscheid der Bank of England steht am 8. Mai an. Bei ihrem Entscheid im März hatte die Notenbank die Erwartungen an Zinssenkungen gedämpft, gleichzeitig aber die hohe Unsicherheit betont.

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