Klimaschutz

Unter null

Die britische Regierung hat Probleme, überzeugend darzulegen, wie sie bis 2050 Klimaneutralität erreichen will. Langsam zeichnet sich auch ab, dass für viele die Energiekosten weiter steigen werden.

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Von Andreas Hippin, London

In der britischen Regierung wird man nicht damit gerechnet haben, dass ihre „Powering up Britain“-Strategie bei Klimaschützern gut ankommt. Sie war gezwungen, sie vorzulegen, nachdem der High Court im Sommer vergangenen Jahres entschieden hatte, dass ihre Pläne nicht genug Details dazu enthalten, wie bis 2050 Klimaneutralität erreicht werden soll. Großbritannien hat das ambitionierte Klimaziel als erste große Volkswirtschaft gesetzlich festgeschrieben.

Die glücklose Theresa May peitschte am Ende ihrer Amtszeit als Premierministerin 2019 noch schnell eine entsprechende Rechtsverordnung zum Climate Change Act 2008 durchs Unterhaus, ohne dass darüber groß diskutiert worden wäre. Wachstumsgegnern stößt unter anderem sauer auf, dass die Regierung auf CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) setzen will. Großbritannien verfügt über ehemalige Erdgaslagerstätten unter der Nordsee, die sich dafür anbieten. Aber so etwas würde ja den Fortbestand der modernen Industriegesellschaft ermöglichen! Aktivisten drohten bereits eine neue Runde Lawfare an. Immer öfter werden politische Auseinandersetzungen vor Gericht ausgetragen. Geld dafür gibt es dank der großen Spendenbereitschaft vieler besorgter Menschen offenbar mehr als genug, aktivistische Anwälte ebenso.

Doch im Vergleich zur Opposition, die sich langsam in der breiten Bevölkerung bildet, ist die Prozessiererei unbedeutend. Im nordenglischen Whitby wehrten sich die Einwohner erfolgreich gegen Pläne des Gasnetzbetreibers Cadent, der sie in einem von der Regierung geförderten zweijährigen Großversuch mit Wasserstoff-Boilern zwangsbeglücken wollte. Das Unternehmen wollte das bestehende Netz zur Lieferung von Wasserstoff nutzen. Die Kunden wurden nicht nach ihrer Meinung gefragt. „Net Zero“ heiligt alle Mittel, war offenbar der Gedanke. Doch nun muss Cadent eine parallele Infrastruktur zur Versorgung derjenigen, die nicht an dem Versuch teilnehmen wollen, mit Erdgas aufbauen. Die Kosten dürften dadurch erheblich gestiegen sein.

Die Pläne des zum „Net Zero“-Minister degradierten ehemaligen Wirtschaftsministers Grant Shapps, die Abgaben auf Gas- und Stromrechnungen neu auszutarieren, dürften auf breiter Ebene für Ärger sorgen. Bislang werden Stromrechnungen mit bis zu 131 Pfund pro Jahr durch Subventionen für Wärmedämmung und Einkommensschwache belastet. Gasrechnungen verteuern sich durch solche Dinge um lediglich 34 Pfund. Dem „Telegraph“ zufolge könnten die Gasrechnungen um bis zu 100 Pfund jährlich steigen – eine Art Geldstrafe für vermeintliche Klimaschädlinge. Natürlich können die Betroffenen nicht auf die Schnelle von Gasheizungen auf Wärmepumpen umsteigen. Es zeugt von der Abgehobenheit der Insassen des Treibhauses Westminster, dass solche Ideen überhaupt erwogen werden, nachdem sich die Energiekosten der Haushalte durch den rasanten Anstieg des Gaspreises in Europa trotz Deckelung durch die Regierung verdoppelt haben. Dadurch fällt nicht nur die Stimmung unter null, sondern auch die Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen.

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