Verbraucher setzen auf neue Regierung
Verbraucher setzen auf neue Regierung
Konsumklima legt auf niedrigem Niveau zu − Sparneigung sinkt
ba Frankfurt
Die deutschen Verbraucher geben der sich formierenden Bundesregierung Vorschusslorbeeren: Trotz der für Unsicherheit sorgenden US-Zollspirale rechnen sie im April mit höheren Einkommen und sind etwas eher gewillt, Anschaffungen zu tätigen, statt das Geld in den Sparstrumpf zu stecken. Entsprechend prognostizieren die Marktforscher von NIM und GfK das Konsumklima für Mai auf −20,6 Punkte. Das sind 3,7 Zähler mehr als im Vormonat. Ob sich die Verbraucherlaune weiter erholt, hängt wesentlich davon ab, wie sich der Handelskonflikt zwischen den USA und dem Rest der Welt weiterentwickelt.
US-Zölle noch unsichtbar
„Die Neuausrichtung der Handelspolitik der US-Administration, die mit der Ankündigung von starken Zollerhöhungen kurz vor Beginn der Befragungen Anfang April begann, hat offenbar bislang die Stimmung der Verbraucher in Deutschland noch nicht nachhaltig beeinträchtigt", resümiert NIM-Konsumexperte Rolf Bürkl. "Vermutlich werden etwaige negative Effekte durch den Abschluss der Koalitionsverhandlungen und der Aussicht auf eine baldige voll handlungsfähige Regierung kompensiert.“ Offenbar sei es für die Verbraucher bislang wichtiger, dass es nun zügig zu einer Regierungsbildung kommen kann. Damit verliere ein zentraler Auslöser der bisherigen Verunsicherung an Bedeutung. Verunsicherung ist Bürkl zufolge ein wesentlicher Grund für die hohe Sparneigung. Im April aber hat sie abgenommen, der entsprechende Indikator ist nach zwei Anstiegen in Folge um 5,4 auf 8,4 Punkte gesunken und hat damit auch das Konsumklima gestützt.
Tarifabschluss im öffentlichen Dienst hilft
Ebenso wie die Einkommenserwartungen, die zum zweiten Mal in Folge zugenommen haben. Das Barometer kletterte um 7,4 auf 4,3 Punkte, dem höchsten Wert seit Oktober 2024. Für die insgesamt positiveren Einkommensaussichten dürfte den Marktforschern zufolge auch der Anfang April erzielte Tarifabschluss im öffentlichen Dienst verantwortlich sein. Die Beschäftigten von Bund und Kommunen erhalten zum 1. April 2025 eine Entgelterhöhung von 3%, mindestens jedoch 110 Euro monatlich. Ab dem 1. Mai 2026 gibt es eine weitere Erhöhung von 2,8%. „Dies liegt über der gegenwärtig zu erwartenden Preissteigerungsrate von gut 2%, was der Kaufkraft zugutekommt.“ Das Barometer der Anschaffungsneigung stieg um 3,3 auf −4,9 Zähler, bleibt damit aber niedrigem Niveau. Ob sich seit Aufwärtstrend, der im Januar 2023 bei einem Wert von −18,7 begonnen hatte, fortsetzt, hängt der GfK zufolge „auch davon ab, ob die Inflation bei etwa 2%, und damit in der Nähe des Zielwertes der EZB, bleibt“.
Und obwohl Ökonomen derzeit ihre Wachstumsprognose reihenweise deutlich absenken, legt der Indikator der Konjunkturerwartungen zum dritten Mal in Folge zu, wenn auch der Anstieg mit 0,3 auf 7,2 Punkte gering ausfällt. „Damit trotzen die Konjunkturerwartungen der Bundesbürger den unsicheren Entwicklungen auf den Aktienmärkten, die durch die Zollpolitik der amerikanischen Regierung verursacht wurden“, urteilt die GfK. Es drohe nun das dritte Rezessionsjahr in Folge – ein Novum in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik. Die Bundesregierung erwartet gemäß der vergangenen Woche vom scheidenden Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgestellten Frühjahrsprojektion für das laufende Jahr eine Stagnation (zuvor: +0,3%). 2026 dürfte sich dann wieder ein BIP-Wachstum von 1,0 (1,1)% ergeben, wenn die finanzpolitischen Maßnahmen der künftigen Regierungskoalition wirksam werden.