4,2 Prozent mehr Aufträge

Verschnaufpause für die Industrie

Vor allem Großaufträge und Bestellungen aus den Nachbarländern des Euroraums haben der deutschen Industrie einen unerwartet starken Auftragseingang beschert. Zudem ist der August doch nicht ganz so schlecht gelaufen wie zunächst gemeldet.

Verschnaufpause für die Industrie

Atempause für die Industrie

Unerwartet viele Neuaufträge − Große Nachfrage aus dem Euroraum

ba Frankfurt

Vor allem Großaufträge und Bestellungen aus den Nachbarländern des Euroraums haben der deutschen Industrie einen unerwartet starken Auftragseingang beschert. Zudem ist der August doch nicht ganz so schlecht gelaufen wie zunächst gemeldet. Doch die Wahl von Donald Trump zum 47sten US-Präsidenten gilt als Last.

Die darbende deutsche Industrie kann etwas durchatmen: Dank Großaufträgen und Bestellungen aus den Ländern des Euroraums sind die Orderzahlen im September kräftiger als erwartet gestiegen. Damit ist allerdings der Einbruch des Vormonats noch nicht wieder ausgeglichen, auch wenn dieser nicht ganz so kräftig ausgefallen ist wie zunächst gemeldet. Es naht jedoch weiteres Ungemach: Donald Trump wird der 47ste US-Präsident werden − damit drohen neue Einfuhrzölle, die die deutsche Industrie wohl bereits ab dem kommenden Jahr noch stärker belasten dürften.

August besser als zuvor gemeldet

Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge hat das verarbeitende Gewerbe preis-, saison- und kalenderbereinigt 4,2% im September mehr Bestellungen eingesammelt als im August. Ökonomen hatten zwar einen Anstieg erwartet, im Mittel aber nur von 1,5%. Zudem revidierten die Statistiker den Rückgang von August auf 5,4%. Zuvor waren −5,8% gemeldet worden. Für den weniger volatilen Dreimonatsvergleich verzeichnet Destatis ein Auftragsplus im dritten Quartal von 4,2% gegenüber den drei Monaten zuvor. Besser als erwartet zeigt sich auch der Jahresvergleich: Hier ergibt sich für September ein Zuwachs von 1,0%, nach einem Minus von revidiert 3,4% im August.

Wie schon seit Monaten beeinflussen auch im September die volatilen Großaufträge das Gesamtergebnis. Bleiben diese unberücksichtigt, ergibt sich ein Plus von 2,2% nach dem Rückgang von 3,2% im August. Das Bundeswirtschaftsministerium verweist daher auch besonders auf das Auftragswachstum von 117,1% zum Vormonat im sonstigen Fahrzeugbau, der typischerweise von Großaufträgen geprägt ist. Zu diesem zählen der Flugzeug-, Zug- und Schiffsbau sowie die Herstellung von Militärgerät.

Positive Impulse kamen auch vom Neugeschäft der Automobilindustrie (2,9%) sowie bei pharmazeutischen Erzeugnissen (0,7%). Negativ beeinflussten Destatis zufolge die Rückgänge im Bereich Metallerzeugung und -bearbeitung (−10,0 %), im Maschinenbau (−3,6 %) und bei chemischen Erzeugnissen (−1,3 %).

Große Nachfrage aus dem Euroraum

Im September hat das Neugeschäft mit dem In- wie auch Ausland gleichermaßen zugelegt: Aus dem Inland kamen 3,6% mehr Bestellungen und aus dem Ausland stiegen sie um 4,4%. Dabei kletterten die Auftragseingänge aus dem Euroraum um 14,6%, während die Bestellungen von außerhalb der Eurozone um 1,6% zurückgingen. „Die positive Nachfrageentwicklung insbesondere aus dem Ausland im dritten Quartal spricht zusammen mit den jüngst verbesserten Stimmungsindikatoren von Ifo und S&P Global für eine Bodenbildung der Industriekonjunktur zum Jahresende“, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium.

Bremsklotz Trump

„Das ist eine Entwicklung, die endlich einmal Hoffnung macht auf eine Belebung im verarbeitenden Gewerbe“, urteilt LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. Allerdings dürfte der heimischen Industrie wegen der kommenden Trump-Präsidentschaft der Wind demnächst wieder stärker ins Gesicht blasen. „Nimmt man Trump beim Wort, dann dürften die deutschen Ausfuhren in die USA 2025 aufgrund von Einfuhrzöllen unter Druck geraten“, mahnte Niklasch.

Mittel- bis langfristig würden die Auftragseingänge leiden: „Umso wichtiger ist es jetzt, binnenwirtschaftliche Kräfte zu wecken“, mahnt daher Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Reformen, vor allem ein Abbau bürokratischer Hürden für neue Investitionen, seien jetzt dringend erforderlich, um der angeschlagenen Industrie zu helfen. Auch der DIHK warnt davor, die Daten als Trendwende zu interpretieren. Solange sich nicht die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hierzulande änderten, gebe es keine nachhaltige Besserung, betonte DIHK-Expertin Lola Machleid.

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