Untersuchung der Bundesbank

Verschuldungsquote der Unternehmen und Haushalte im Euroraum sinkt

Die Unternehmen und Haushalte der Eurozone konnten ihre Verschuldungsquote in den vergangenen Jahren reduzieren, wie aus einer Untersuchung der Bundesbank hervorgeht. Die finanzielle Situation im Privatsektor spielt für die Steuerung der Geldpolitik eine wichtige Rolle.

Verschuldungsquote der Unternehmen und Haushalte im Euroraum sinkt

Verschuldungsquote der Firmen und Haushalte im Euroraum sinkt

Keine Anzeichen für stärkere geldpolitische Transmission

mpi Frankfurt

Die Straffung der Geldpolitik in der Eurozone ab 2022 hat zwar die Kreditaufnahme für Unternehmen und private Haushalte verteuert, deren finanziellen Spielraum insgesamt aber nicht verschlechtert. Wie aus einer Analyse der Bundesbank hervorgeht, sind die Verschuldungsquoten sogar gesunken. Während das bei den Haushalten für alle der großen Euro-Volkswirtschaften gilt, ist die Lage bei den nichtfinanziellen Firmen differenzierter. In Deutschland und Frankreich bauten die Unternehmen ihre Verschuldung auf, in Spanien und teilweise auch in Italien dagegen ab. Unter dem Strich ist die Verschuldungsquote in der Eurozone gesunken.

Für die Bundesbank und andere nationale Notenbanken ist die Entwicklung der Verschuldung für die Evaluation der geldpolitischen Transmission von Bedeutung. „Es ist aus Zentralbanksicht notwendig, die Entwicklung der Verschuldungslage des nichtfinanziellen Privatsektors laufend zu beobachten“, schreibt die Bundesbank in ihrem Aufsatz, der Teil des am Donnerstag erscheinenden Monatsberichts April sein wird. „Nur so kann sichergestellt werden, dass etwaige Änderungen in der geldpolitischen Transmission, die sich aus der Verschuldungslage ergeben können, frühzeitig erkannt und gegebenenfalls bei der Kalibrierung des geldpolitischen Kurses berücksichtigt werden.“

Höhere Zinsaufwendungen

Durch Zinserhöhungen kann es passieren, dass der private Sektor in seinen finanziellen Handlungen eingeschränkt ist. Etwa dadurch, dass er nicht mehr an Fremdkapital kommt oder nur zu so hohen Kosten, dass sich dies auf das Ausgabeverhalten auswirkt. „Die Bilanzsituation der privaten Haushalte sowie der nichtfinanziellen Unternehmen spielt daher eine wesentliche Rolle bei ihren Konsum- beziehungsweise Investitionsentscheidungen“, resümiert die Bundesbank.

Die Straffung der Geldpolitik hat laut der Notenbank deutliche Spuren bei Zinsaufwendungen und Schuldendienst hinterlassen. Dass sich die finanzielle Situation dennoch nicht verschlechtert habe, liege an den nominal gestiegenen Einnahmen. Diese hätten die höheren Zinsaufwendungen sogar überkompensiert.

Seit fast einem Jahr ist die EZB inzwischen dabei, die Geldpolitik wieder zu lockern. Auch dies kann grundsätzlich zu einer stärkeren geldpolitischen Transmission führen. Bei einer lockeren Geldpolitik wird eine zusätzliche Kreditaufnahme oder auch das Tätigen von bislang unterbliebenen Ausgaben erleichtert. Dies könne laut den Bundesbankautoren die Wirkung der Geldpolitik verstärken.

Verborgene Risiken

Die Notenbank kommt in ihrem Aufsatz jedoch zu dem Schluss, dass es derzeit keine Anzeichen für eine stärkere geldpolitische Transmission durch die Verschuldungssituation im Privatsektor gibt. „Es ist nicht davon auszugehen, dass der nichtfinanzielle Privatsektor aufgrund der aktuellen und der mittelfristig zu erwartenden Entwicklung der Verschuldungssituation sein Ausgabeverhalten in Reaktion auf geldpolitische Impulse stärker anpasst“, heißt es. „Daher dürfte sich auch aus diesem Grund die geldpolitische Transmission nicht verändert haben und auch mittelfristig verschuldungsbedingt nicht verändern.“

Dennoch sei es wichtig, die Entwicklung der Verschuldung genau zu beobachten. Dabei sei es nicht ausreichend, sich nur auf einzelne Aspekte wie etwa die Verschuldungsquote zu fokussieren. Es sollten stattdessen idealerweise mikrobasierte Untersuchungen – beispielsweise auf Grundlage der verteilungsbasierten Vermögensbilanz – gemacht werden, um ein umfassendes Bild zu bekommen. „Ansonsten könnten relevante heterogene Entwicklungen übersehen werden, die typischerweise bei der alleinigen Betrachtung gesamtwirtschaftlicher Aggregate verborgen bleiben.“

Passiert dies, sei es dann nicht mehr möglich, frühzeitig auf eine sich veränderte geldpolitische Transmission zu reagieren. In der Folge wäre die Geldpolitik der EZB dann je nach konkreter Situation zu restriktiv oder zu expansiv.

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