Vertrauen in EZB-Prognosen schwindet
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Fach- und Führungskräfte in der deutschen Finanzindustrie halten wenig von den jüngsten Inflationsvorhersagen der Europäischen Zentralbank (EZB). Das geht aus Sonderfragen im Zuge der vierteljährlichen Umfrage des Center for Financial Studies (CFS) hervor. Konkret geht es um die aktuellen Projektionen der EZB-Volkswirte, wonach die Inflation im Euroraum dieses Jahr zwar auf 3,2% zulegt, aber 2023 und 2024 wieder unter 2% fällt – auf jeweils 1,8%.
63% der Befragten halten diese Inflationserwartungen für zu niedrig, hieß es beim CFS. Lediglich knapp 33% halten diese für realistisch. „Das ist bedenklich, denn das Vertrauen der Märkte in die Zentralbank ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Geldpolitik“, sagte CFS-Professor Volker Brühl.
„Bereits bei der letzten CFS-Befragung waren die Finanzmarktakteure skeptisch, was den transitorischen Charakter der Inflation betraf. Wie wir heute wissen: zu Recht“, sagte Hubertus Väth, Geschäftsführer von Frankfurt Main Finance. Tatsächlich hat die Inflation auch zu Jahresbeginn wieder negativ überrascht. Statt wie erwartet deutlich zu sinken, erklomm sie mit 5,1% sogar ein neues Rekordhoch. Damit scheinen die EZB-Projektionen bereits Makulatur.
Vor allem in Deutschland sorgt die hartnäckig hohe Inflation zusehends für Aufsehen und Kritik an der EZB. In der „Bild“-Zeitung forderten am Donnerstag Oppositionspolitiker und Sozialexperten einen Gipfel zur hohen Inflation („Anti-Teuer-Gipfel“). In der Börsen-Zeitung hatten vor der Sitzung führende Experten wie Ex-EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark eine raschere Zinswende der EZB gefordert (vgl. BZ vom 2. Februar).