ExklusivKonjunkturampel steht auf "Gelb"

Vieles spricht für eine anhaltende Rezession

Jüngste Konjunkturindikatoren sind ein Hoffnungsschimmer für die deutsche Wirtschaft. Ein baldiges Ende der bereits seit zwei Jahren währenden Rezession ist aber nicht in Sicht. Die Konjunkturampel steht auf Gelb. Auftragseingang, Industrieproduktion und Verbraucherstimmung signalisieren Abschwung.

Vieles spricht für eine anhaltende Rezession

Vieles spricht für eine anhaltende Rezession

Konjunkturampel steht auf Gelb − Wahrscheinlichkeit einer Schrumpfung bei 65 Prozent − Indikatoren lassen keine Besserung erwarten

Jüngste Konjunkturindikatoren sind ein Hoffnungsschimmer für die deutsche Wirtschaft. Ein baldiges Ende der bereits seit zwei Jahren währenden Rezession ist aber nicht in Sicht. Die Konjunkturampel steht auf Gelb. Auftragseingang, Industrieproduktion und Verbraucherstimmung signalisieren Abschwung.

ba Frankfurt

Die deutsche Wirtschaft kommt aus der Rezession nicht heraus: Zwei Jahre währt sie nun schon und ein Ende ist nicht in Sicht. Selbst die teils durchaus positiv ausgefallenen harten Daten für November deuten an, dass auch das Winterhalbjahr mit einem Minus versehen wird. Während die Verbraucherstimmung so trübe wie sonst zu Rezessionszeiten ist, lässt sich auch bei der Auftragslage, der Produktion, den Exporterwartungen und der Arbeitsmarktentwicklung keine Wende zum Besseren erkennen.

Je nachdem, wie stark das Bruttoinlandsprodukt (BIP) über das Winterhalbjahr nachgibt, könnte eine Stagnation der Produktion im Frühjahr ausreichen, um das reale BIP im Jahresdurchschnitt 2025 abermals leicht schrumpfen zu lassen. Ein wahrscheinliches Szenario, wie die Konjunkturampel der Börsen-Zeitung und Kiel Economics zeigt. Der Auswertungsalgorithmus, in den rund 50 Konjunkturindikatoren einfließen, weist für das laufende Jahr eine Rezessionswahrscheinlichkeit von 65% aus. Damit steht die Ampel „angesichts der Prognoseunsicherheit auf Gelb, genauer: auf Orange“, erklärt Carsten-Patrick Meier, Leiter von Kiel Economics, einer Ausgründung aus dem Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). „Es wäre verfrüht, die Rezession schon ad acta zu legen“.

Produktion wird weiter gedrosselt

Die gesamtwirtschaftliche Produktion dürfte im Winterhalbjahr 2024/2025 erneut zurückgehen. Trotz des durchaus kräftigen Anstiegs der Produktion im verarbeitenden Gewerbe im November konnte die Scharte der beiden Vormonate nicht ausgewetzt werden, im Schlussabschnitt ergibt sich ein Fertigungsminus von 0,1% zum Vorquartal. Und auch wenn sich der Auftragseingang ohne Großaufträge, die erst im Laufe der Zeit produktionswirksam werden, aktuell stabilisiert hat: Die ungünstigere Beurteilung der Geschäftslage im vierten Quartal spricht Meier zufolge für eine weitere Einschränkung der gesamtwirtschaftlichen Produktion im Jahresendquartal und auch in den ersten Monaten des laufenden Jahres. Dies signalisieren die seit September 2024 sehr deutlich rückläufigen Produktionserwartungen in Industrie und Bau. Im Dezember fielen diese sogar so ungünstig aus wie zuletzt im Mai 2020, dem zweiten Monat des Corona-Lockdowns. Zudem dürfte sich die Stabilisierung des Auftragseingangs im Herbst als nur vorübergehend erweisen, denn die Geschäftserwartungen der Industrie haben sich im November, vor allem aber im Dezember deutlich verschlechtert.

Industrie schwächelt global

Ähnlich wie die Geschäftserwartungen lagen auch die Exporterwartungen der Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes zum Jahresende 2024 „auf einem Niveau, das in früheren Jahren einem Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Produktion im Folgejahr – und damit einer Rezession in der Definition der Konjunkturampel – vorausging“, mahnt Meier. „Dies dürfte nicht nur den äußerst handelsskeptischen Ankündigungen der in wenigen Tagen neu eingeführten US-Administration geschuldet sein, sondern auch der seit längerem andauernden Schwäche der globalen industriellen Erzeugung.“ Denn auch die Industrieproduktion in den wichtigsten Abnehmerländern deutscher Produkte dürfte zusammengenommen 2024 zum zweiten Mal in Folge gesunken sein. Selbst in den USA, deren BIP 2024 um solide 2,7% zugelegt hatte, nahm die Industrieproduktion im vergangenen Jahr wohl leicht ab „und noch ist auch hier keine echte Trendumkehr absehbar“.

Hilfreicher Euro-Kurs

Die deutliche Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar dürfte für sich genommen Außenhandel und Industriekonjunktur stützen. Seit September 2024 ist der Euro gegenüber dem Dollar um mehr als 6% günstiger bewertet als im Mittel der vergangenen beiden Jahre. Die damit einhergehende Verbilligung europäischer Waren würde die von Donald Trump im US-Präsidentschaftswahlkampf angekündigte Erhöhung der Zölle auf EU-Importe von derzeit 1% bis 2% auf 10% zum großen Teil ausgleichen, erwartet Meier. Aber: „Ein möglicherweise eskalierender Handelskrieg mit den USA bleibt gleichwohl ein Risiko für die deutsche Industrie.“

Verbraucherstimmung auf Rezessionsniveau

Auf Rezessionsniveau zeigt sich auch die Verbraucherstimmung. Diese trübte sich nach der Jahresmitte 2024 ein, zum Jahresende mit beschleunigtem Tempo. Einkommens- und Konjunkturerwartungen sanken deutlich, und die ohnehin nur zaghafte Erholung der Anschaffungsneigung endete. Im langjährigen Vergleich ist die Stimmung der Verbraucher weiter stark eingetrübt, und die Teilbarometer des GfK-Konsumklimas notieren auf niedrigem Niveau. Die Anschaffungsneigung vom Dezember etwa liegt unterhalb der Expansionsschwelle und ging in früheren Jahren mit einer Rezession im Folgejahr einher. Zugleich ist der Anteil der Befragten, die laut der Neujahrsfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach „mit Hoffnungen“ auf die kommenden 12 Monate blickten, mit nur 34% weiter auf Rezessionsniveau.

Kaum mehr Rückenwind vom Jobmarkt

Ursächlich für die trübe Konsumentenstimmung ist nicht zuletzt die Verschlechterung der Arbeitsmarktlage. Der jahrelange Aufschwung der Erwerbstätigkeit hat bereits im Mai seinen Höhepunkt hinter sich gelassen. Seither sinkt die Beschäftigung, wenn auch nur leicht, und die Arbeitslosigkeit steigt. Frühindikatoren signalisieren, dass es vorerst so weitergehen wird.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.