Harris beim Einsatz von Sozialen Medien im Vorteil
Serie zur US-Präsidentschaftswahl: Social Media (7)
Harris beim Einsatz von Sozialen Medien im Vorteil
Einsatz von Memes erhöht Popularität der Demokratin bei jungen Wählern – Trump profitiert von Elon Musks Engagement
Von Peter De Thier, Washington
Zuletzt erschienen: Wahlkampf und Medien (12.10.) Wahlkampffinanzierung (5.10.) Energie und Umwelt (28.9.)
Noch nie spielten bei US-Wahlen soziale Medien eine so bedeutende Rolle wie in der laufenden Präsidentschaftskampagne und beim Ringen um die Mehrheiten im US-Senat und dem Repräsentantenhaus. Die Spitzenkandidaten Kamala Harris und Donald Trump haben in der Angelegenheit höchst unterschiedliche Strategien gewählt. Trump hat sich bis zu seiner Rückkehr zum Branchengiganten X – ehemals Twitter – vorwiegend auf seine hauseigene Plattform „Truth Social“ konzentriert.
Die demokratische Vizepräsidentin hat hingegen vom ersten Tag an die Bedeutung jüngerer „Gen Z“-Wähler erkannt, die dieses Jahr 41 Millionen wahlberechtigte Amerikaner umfasst. Harris bedient sich insbesondere der kontroversen Plattform Tiktok, die sich gerade bei 18- bis 29-jährigen Wählern großer Beliebtheit erfreut. Experten sind überzeugt, dass die Harris-Kampagne beim Einsatz von Social Media leicht im Vorteil ist. Unklar ist aber, ob das ausreichen wird, um sie am 5. November im Duell mit Trump als Erste über die Ziellinie zu bringen.
Der überraschende Ausstieg von Präsident Joe Biden zwang das Trump-Lager zu einem Kurswechsel. Bis dahin beschränkte sich die Social-Media-Präsenz des Ex-Präsidenten auf sein eigenes Medium. Die Entscheidung wurde von geschäftlichen Interessen getrieben, weil der Unternehmer dort Mehrheitsaktionär ist. Daneben bestand auch die Gewissheit, dass es überwiegend Anhänger der MAGA-(Make America Great Again)-Bewegung sind, die Truth Social nutzen. Anders ausgedrückt: Auf seiner eigenen Seite gibt es nur wenige kritische Kommentare über Trump.
Wichtiger Wendepunkt
Als Harris überraschend schnell von Biden die Kandidatur übernahm, stürzte sich das Team der Vizepräsidentin prompt ins Social-Media-Getümmel. Auf Tiktok richtete die Kampagne ein Konto mit dem Namen „Kamala HQ“ ein. Dort erhielt ihr zweiter Post mehr als 7,4 Millionen „Likes“. Sogenannte „Memes“, also humorvolle Texte, Bilder und Videos über Harris, verbreiteten sich im Internet wie ein Lauffeuer. Als die britische Pop-Sängerin Charli XCX schrieb: „Kamala is brat“, erreichte ihre Popularität bei jungen Wählern einen neuen Höhepunkt.
„Brat“ beschreibt eine lockere Person, die gern lacht und feiert, trotzdem starke Prinzipien hat und sowohl authentisch als auch sozial engagiert ist. Damit wollte sich Harris bei den Gen-Z-Wählern von Trump abheben. Ihre wachsende Popularität zwang ihn daher zu einem Kurswechsel. Trump begann wieder, parallel zu Truth Social auf X zu posten. Zuvor hatte er sich Elon Musk, der die Suspendierung von Trumps Konto aufgehoben hatte, für ein Interview gestellt.
Musk unterstützt den Republikaner, indem er mithilfe von künstlicher Intelligenz Deepfakes – fingierte Videos – auf sein X-Account stellt, die Harris diskreditieren. Deren Einfluss ist angesichts der über 200 Millionen Follower, die der Multimilliardär hat, nicht zu unterschätzen. Trump wiederum hatte vor einigen Wochen erklärt, Musk einen neuen Ministerposten für die Effizienz der staatlichen Verwaltung verschaffen zu wollen.
Die Rückendeckung, die Trump vom reichsten Erdenbürger erhält, wird ihm helfen. Dennoch sehen Experten klare Vorteile für Harris beim Einsatz Sozialer Medien als Waffe im Wahlkampf. „Entscheidend sind nämlich die Memes“, sagt Lulu Chung Meservey, Gründerin der Kommunikationsfirma Rostra. „Wenn Tiktok-Nutzer diese verbreiten, dann erreichen Kandidaten ein tausendmal größeres Publikum, und Harris setzt die Memes viel effektiver ein als Trump.“