Geldpolitik

Warnungen an EZB vor zu hohem Tempo bei Zinswende

Die EZB senkt die Leitzinsen um 25 Basispunkte. Während dieser Zinsschritt von den meisten Beobachtern begrüßt wird, gibt es einige kritische Stimmen bezüglich einer weiteren Zinssenkung im Juli. Die EZB lässt am Donnerstag offen, wie die künftige Geldpolitik aussieht.

Warnungen an EZB vor zu hohem Tempo bei Zinswende

Warnung vor zu schnellen Zinssenkungen

Banken und einige Ökonomen mahnen zur Vorsicht bei Zinswende – Gefahr nachhaltig zu hoher Inflation noch nicht gebannt

Die Europäische Zentralbank (EZB) senkt die Leitzinsen um 25 Basispunkte. Während dieser Zinsschritt von den meisten Beobachtern begrüßt wird, gibt es einige kritische Stimmen bezüglich einer weiteren Zinssenkung im Juli. Die EZB lässt am Donnerstag offen, wie die künftige Geldpolitik aussieht.

mpi Frankfurt

Bei deutschen Unternehmen und Banken sowie den meisten Ökonomen stößt die am Donnerstag von der Europäischen Zentralbank (EZB) verkündete Zinssenkung um 25 Basispunkte auf Zustimmung. „Der Schritt ist sinnvoll, weil sich die Inflation in Europa mittlerweile in Richtung der angestrebten 2% zurückentwickelt“, sagt Ifo-Präsident Clemens Fuest. „Diese Zinssenkung ist an den Märkten allerdings bereits eingepreist, der Impuls für die Konjunktur wird begrenzt sein“, führt er aus. Weitere zeitnahe Zinssenkungen seien angesichts deutlich steigender Löhne und verschobener Zinssenkungen in den USA eher fraglich.

Einen solchen Schritt sähen Vertreter der Banken, die mit höheren Zinsen mehr Geld verdienen, indes kritisch. Es sei wichtig, dass die EZB erst gar nicht die Erwartung einer dichten Abfolge von Zinssenkungen aufkommen lasse, sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken (BdB). „Es gibt keinen Autopiloten für weitere Zinssenkungen.“ Sparkassenpräsident Ulrich Reuter vom DSGV führt an, „die letzten Meter bei der Inflationsbekämpfung sind die schwierigsten“.

Effekte auf Wirtschaft begrenzt

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) begrüßte die Zinssenkung. Sie dämpfte aber gleichzeitig die Erwartungen vor allzu großen positiven Impulsen für das verarbeitende Gewerbe. Dies deckt sich mit einer Umfrage des Center for Financial Studies. Bei den befragten Unternehmen sieht nur eine Minderheit die hohen Zinsen im Euroraum als Ursache für das schwache Wirtschaftswachstum in Deutschland an. Zu einem ähnlichen Ergebnis war eine Studie der KfW zum Investitionsverhalten im deutschen Mittelstand gekommen. Zinssenkungen der EZB würden zwar mehr Unternehmen zu Investitionen animieren, der Effekt wäre aber überschaubar, wie KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib im Interview der Börsen-Zeitung sagte.

Während die allermeisten Volkswirte die Zinssenkung der EZB für richtig halten, kommt der Chefvolkswirt der Commerzbank zu einem anderen Urteil. „Vermutlich wird sich die Zinssenkung diese Woche in der Rückschau als Fehler erweisen“, meint Jörg Krämer. „Leider hatte sich die EZB faktisch vorab auf diese Zinssenkung festgelegt, statt sich an den Daten zu orientieren, die in der Gesamtschau eine abwartende Haltung nahelegen.“ Krämer verweist auf das hohe Lohnwachstum, das im ersten Quartal überraschend zugelegt hat, und den stockenden Disinflationsprozess. Die EZB hält beides für nur vorübergehend und sieht sich weiter auf gutem Weg zum Inflationsziel von 2%.

Lohnwachstum im Fokus

Ob sich das Lohnwachstum, wie von der EZB prognostiziert, verlangsamt, darüber gehen die Meinungen bei Volkswirten auseinander. „Man kann einwenden, dass der Indeed Wage Tracker für das zweite Quartal einen signifikanten Rückgang der Lohnzuwächse voraussagt“, sagt Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank (HCOB). Auch andere Indikatoren deuten darauf hin, wie der Wage Tracker der EZB oder der HCOB PMI Inputpreisindex für den Dienstleistungssektor. Dies seien jedoch nur Indikatoren und keine harten Daten. Unsicherheit bezüglich der Prognose sei da.

Optimistisch auf die Lohnentwicklung, die für den weiteren Disinflationsprozess von entscheidender Bedeutung ist, blickt Shaan Raithatha, Ökonom bei Vanguard. Nicht nur wegen der von de la Rubia aufgeführten Indikatoren. „In Verbindung mit der jüngsten Abschwächung der Preiserhebungen sowohl der Europäischen Kommission als auch der Einkaufsmanagerindizes sind wir davon überzeugt, dass die Inflation im Dienstleistungssektor bald nachlassen dürfte.“


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