Beiratsgutachten

Beirat warnt Habeck vor Politisierung des Kartellrechts

Das Bundeswirtschaftsministerium ist von seinem Wissenschaftlichen Beirat davor gewarnt worden, das Kartellrecht stärker mit Nachhaltigkeitszielen zu verknüpfen. Es gebe bessere Möglichkeiten, um Nachhaltigkeit durchzusetzen.

Beirat warnt Habeck vor Politisierung des Kartellrechts

Warnung vor Politisierung des Kartellrechts

Habecks Wissenschaftlicher Beirat lehnt eine stärkere Ausrichtung auf Nachhaltigkeitsziele ab

ahe Berlin

Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium hat vor Überlegungen gewarnt, das Kartellrecht stärker mit Nachhaltigkeitszielen zu verknüpfen. In einem am Donnerstag vorgelegten Gutachten verweisen die Berater darauf, dass das deutsche und das europäische Kartellrecht den Behörden und Gerichten schon heute vielfältige Möglichkeiten böten, um Nachhaltigkeitsaspekte in der Anwendung zu berücksichtigen. Eine Ausweitung dieser Möglichkeiten lehnte der Beirat ab: Die Fokussierung des Kartellrechts auf den Schutz des Wettbewerbs und die Wohlfahrt der Verbraucher habe sich bewährt.

Die Wissenschaftler bezogen sich mit ihren Ausführungen nicht auf ein konkretes neues Gesetz. Der Beirats-Vorsitzende Eckhard Janeba verwies aber auf die 2022 veröffentlichte wirtschaftspolitische Agenda von Minister Robert Habeck (Grüne), in der unter anderem eine Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit Blick auf Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit angekündigt worden war. Auch in der EU-Kommission hatte es in den vergangenen Jahren wiederholt Überlegungen gegeben, Nachhaltigkeitsziele auch mit der Finanzmarktregulierung, den Fiskalregeln oder auch dem Wettbewerbsrecht zu verknüpfen.

Bessere Alternativen nutzen

Janeba warnte bei der Vorstellung des Gutachtens in Berlin vor einer solchen Politisierung des Kartellrechts. Dies könne die Aufgabenverteilung zwischen Politik und Markt verändern und die Grenzen zwischen Kartell- und Regulierungsrecht verwischen. Er wandte sich zugleich gegen eine „Privatisierung“ von Nachhaltigkeitszielen, die auch die Gefahr von Greenwashing bedeute.

Stefan Bechtold von der ETH Zürich, unter dessen Federführung das Gutachten entstanden war, verwies darauf, dass es oft gar keinen Zielkonflikt zwischen Wettbewerb und Nachhaltigkeit gebe. Es sei auch nicht die Aufgabe des Kartellrechts, ein bestimmtes Marktergebnis herbeizuführen. Der Gesetzgeber habe ohnehin bessere Möglichkeiten, um Nachhaltigkeitsziele durchzusetzen. Bechthold nannte in diesem Zusammenhang das Umwelt-, Arbeits- oder Sozialrecht oder auch Instrumente wie Mindeststandards, Steuern und Subventionen.

Neue Leitlinien aus Brüssel können helfen

Dem Wirtschaftsministerium schrieb der Beirat daher ins Buch: „Die Vorstellung, dass eine Beschränkung des Wettbewerbs zu einer Verbesserung der Nachhaltigkeit führt, geht in aller Regel fehl.“ Die Berater rieten aber dazu, die bestehenden Stellschrauben des Kartellrechts auch zu nutzen. Dabei könnten auch die von Brüssel im vergangenen Jahr geänderten europäischen Horizontalleitlinien helfen, die vor allem die Möglichkeiten zum Informationsaustausch zwischen Unternehmen und zum Setzen von Nachhaltigkeitsstandards erweitert haben. Der Beirat begrüßte in dem Zusammenhang, dass auch die Kartellbehörden neue Leitlinien entwickeln wollen, um in diesem Bereich Rechtssicherheit zu schaffen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.