Konjunktur

Welthandel steht vor schleppender Erholung

Der Welthandel erholt sich nur langsam. Doch das ist nur einer der Gründe, weswegen die deutsche Wirtschaft schwächelt.

Welthandel steht vor schleppender Erholung

Welthandel vor schwerfälliger Erholung

WTO-Barometer steigt – Europa schwächelt – IfW Kiel prognostiziert Rezession in Deutschland

mpi Frankfurt

Der Welthandel setzt seine Erholung fort, dürfte jedoch auch in den kommenden Monaten noch nicht richtig in die Gänge kommen. Das Welthandelsbarometer der WTO steigt auf 103 Punkte, wie die Organisation am Mittwoch verkündete. Das sind 2,4 Zähler mehr als bei der vergangenen Erhebung im März. Werte über 100 signalisieren einen Aufschwung.

„Dies deutet darauf hin, dass der Warenhandel im dritten Quartal 2024 an Fahrt aufgenommen hat.“ heißt es in dem WTO-Bericht. „Die Aussichten bleiben jedoch aufgrund der veränderten Geldpolitik in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften und der schwächelnden Exportaufträge ungewiss.“

Verglichen mit dem langjährigen Wachstum des Welthandels dürfte die Erholung zudem nur moderat ausfallen. Bei ihrer bislang letzten Prognose im April ging die WTO davon aus, dass der Warenhandel in diesem Jahr um 2,6% zulegen wird. Das wären deutlich weniger als der Durchschnittswert der letzten Jahrzehnte. Dieser liegt bei 4,9%. Selbst die 2,6% könnten zudem zu optimistisch gewesen sein. „Jüngste Daten zeigen ein schwächer als erwartetes Handelswachstum in Europa und ein stärker als erwartetes Wachstum in anderen Regionen“, teilt die WTO mit. Im Oktober steht eine neue Prognose der Welthandelsorganisation an.

Harsche Kritik an Ampelregierung

Die fehlende Dynamik im Welthandel trifft vor allem die auf den Außenhandel ausgerichtete deutsche Volkswirtschaft. Doch Ökonomen machen neben konjunkturellen Faktoren auch strukturelle für die schlechte wirtschaftliche Entwicklung hierzulande aus. „Insgesamt stottert die deutsche Wirtschaft in eine blutleere Erholung, auch weil die Wirtschaftspolitik keine verlässlichen Weichenstellungen vorzunehmen vermag“, sagt Stefan Kooths, Konjunkturchef des IfW Kiel.

Das Institut geht in seiner Herbstprognose davon aus, dass die deutsche Wirtschaft nach 2023 auch 2024 schrumpfen wird. Das Bruttoinlandsprodukt sinkt gemäß der Vorhersage um 0,1%. In der Sommerprognose hatte das IfW Deutschland zumindest noch ein schmales Wachstum von 0,2% zugetraut. Die Erwartung, dass der private Konsum aufgrund der höheren Reallöhne stark steige, scheine sich nicht zu bewahrheiten. Auch für 2025 sind die Ökonomen pessimistischer. Statt einem Wachstum um 1,1% sagen sie nun nur noch eines um 0,5% voraus.

HWWI deutlich optimistischer

„Die Haushaltskürzungen der Ampelregierung belasten zusätzlich, und die Zinswende der EZB kommt für Deutschland zu spät“, sagte IfW-Präsident Moritz Schularick. „Hinzu kommt: Alte Kernindustrien waren viel zu lange veränderungsresistent, und die Asyldebatte vergiftet den Dialog über die wirtschaftlich notwendige Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland. Solange das so bleibt, können wir zusehen, wie unser Wachstumspotenzial immer kleiner wird“. Im Interview der Börsen-Zeitung hatte Schularick für eine Reform der Schuldenbremse geworben, um nötige Investitionen in Deutschland anzukurbeln.

Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) blickt deutlich optimistischer auf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, spricht aber in seiner Herbstprognose dennoch von einer „holprigen deutschen Konjunktur“. Für das laufende Jahr sagen sie ein Wachstum von 0,2% voraus, für 2025 1%. Damit passt das HWWI seinen Vorhersagen im Vergleich zur Sommerprognose nicht an.

Die Hamburger erwarten anders als ihre Kollegen in Kiel, dass der private Konsum zeitnah zum Wachstumstreiber wird. „Mit weiterer Zunahme der Realeinkommen und Normalisierung der Sparneigung sollte sich zumindest der private Konsum beleben.“

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