Weniger Gründungen und Betriebsaufgaben
Weniger Gründungen
und Betriebsaufgaben
Creditreform erwartet mehr Insolvenzen in Europa
ba Frankfurt
Zum Jahresstart sind in Deutschland weniger größere Betriebe gegründet worden als im Vorjahr. Allerdings haben auch weniger von ihnen aufgegeben. Wegen der immer noch mauen Konjunktur rutschen jedoch immer mehr Firmen in die Pleite. 2023 waren es in Westeuropa so viele wie nie seit 2016.
Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) ist im ersten Quartal die Zahl der Neugründungen von Gewerbebetrieben, Betriebsübernahmen, Umwandlungen und Zuzügen aus anderen Meldebezirken insgesamt um 3,2% auf rund 201.900 gesunken. Die Neugründungen allein fielen um 3,4% auf rund 166.700. Bei den Betrieben, deren Rechtsform und Beschäftigtenzahl auf eine größere wirtschaftliche Bedeutung schließen lassen, meldet Destatis ein Minus von 0,9% auf 32.800.
Währenddessen gaben auch rund 72.400 Betriebe mit größerer wirtschaftlicher Bedeutung ihr Gewerbe vollständig auf. Das waren 5,0% weniger als in den ersten drei Monaten 2023. Von einer größeren wirtschaftlichen Bedeutung wird ausgegangen, wenn ein Betrieb durch eine juristische Person oder eine Personengesellschaft gegründet beziehungsweise aufgegeben wird, erläutern die Statistiker. Auch von natürlichen Personen gegründete oder aufgegebene Betriebe können hierunter fallen, sofern die Person im Handelsregister eingetragen ist, Arbeitnehmer beschäftigt oder bei der Gründung eine Handwerkskarte besitzt.
Die Gesamtzahl der Gewerbeabmeldungen – zu denen auch Betriebsübergaben, Umwandlungen oder Fortzüge in andere Meldebezirke zählen – ging um 3,3% auf rund 170.300 zurück.
Vor-Corona-Niveau erstmals wieder übertroffen
Deutlich zugenommen haben hingegen 2023 die Unternehmensinsolvenzen. Laut Creditreform Wirtschaftsforschung stieg die Fallzahl in Westeuropa im Jahresvergleich um 20,9% auf 169.496. Damit wurde erstmals wieder das Vor-Corona-Niveau übertroffen. Die Auswirkungen von Rezession. Inflation, Zinsen, Energiekosten und den Corona-Nachwehen seien nun „auch deutlich in den Zahlen sichtbar“, hieß es. Für 2024 wird ein weiterer Anstieg erwartet. Einen Ausblick auf die Entwicklung der kommenden Jahre liefert die globale Finanzkrise von 2009: Trotz wirtschaftlicher Erholung blieben die Zahlen damals für lange Zeit auf einem hohen Niveau“, erklärt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.
Unter den untersuchten 17 Staaten Westeuropas verzeichnet Creditreform nur in Dänemark (−11,1%), Luxemburg (−6,2%), Spanien (−4,4%) und Portugal (−4,2%) sinkende Insolvenzzahlen. Die stärksten Anstiege gab es in den Niederlanden (54,9%) und in Frankreich (35,6%). In Schweden, Irland, Finnland, Norwegen und Deutschland legten die Insolvenzfälle um mehr als 20% zu.
Größte Fallzahlen bei Dienstleistern und im Handel
Mit Blick auf die Hauptwirtschaftsbereiche dominieren das Dienstleistungsgewerbe mit mehr als 68.000 Insolvenzen und der Handel mit gut 52.000 Fällen. „Als Belastung für die Unternehmen erwiesen sich die Konsumzurückhaltung infolge der Inflation und das hohe Zinsniveau“, erklärt Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer von Creditreform Österreich. Geopolitische Spannungen hätten zudem die Unsicherheit verstärkt und die Konjunktur gebremst. In sämtlichen Hauptwirtschaftsbereichen erhöhten sich die Fallzahlen im zweistelligen Prozentbereich. Besonders deutlich legten sie im Handel (24,8%), im Bausektor (21,7%) und im verarbeitenden Gewerbe (19,8%) zu. Moderater fiel laut Creditreform der Anstieg im Dienstleistungsgewerbe mit 16,2% aus.
Ungarn treibt Fallzahlen in Osteuropa in die Höhe
In Osteuropa kam es mit fast 65.000 zu 8,3% mehr Unternehmensinsolvenzen als im Vorjahr. Hauptverantwortlich für den Anstieg zeichnet der Studie zufolge Ungarn, zu geringeren Teilen auch Estland, die Slowakei, Serbien und Tschechien. In sechs der zwölf untersuchten Länder gingen die Fallzahlen zurück, vor allem in Kroatien (−22,3%) und Lettland (−21,2%).