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Wie Deutschland seine Investitionsbremse in Sachen Bürokratie lösen kann

Überbordende Bürokratie hemmt Investitionen und Wachstum in Deutschland, warnt der Wissenschaftliche Beirat. Reformen sollen den Standort attraktiver machen.

Wie Deutschland seine Investitionsbremse in Sachen Bürokratie lösen kann

Bürokratiekosten

Wie Deutschland seine Investitionsbremse lösen kann

wf Berlin

Überbordende Bürokratie ist inzwischen zu dem am häufigsten genannten Investitionsrisiko in Deutschland geworden. Dies haben verschiedene Untersuchungen gezeigt. Bürokratie drosselt auch zunehmend Eigeninitiative, Unternehmertum und wirtschaftliches Wachstum, schreibt der unabhängige Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium in seinem Gutachten zur Bürokratie in Deutschland.

Kosten und Nutzen abwägen

Fakt ist, dass die Belastung durch Bürokratie enorm angestiegen ist. Deshalb lautet eine der Empfehlungen des Beirats, bürokratische Kosten und den Nutzen der konkreten Regelungen bei allen Gesetzesvorhaben abzuwägen. Statt Einzelfallgerechtigkeit sollten großzügige Pauschalierung und Bagatellklauseln greifen.

Entgegen den gemessenen Bürokratiekosten haben die „gefühlten“ Bürokratiekosten in der Wirtschaft in den vergangenen Jahren sehr stark zugelegt. Der laufende Erfüllungsaufwand lag 2024 tatsächlich rund 27,1 Mrd. Euro höher als 2011. Der meist unberücksichtigte einmalige Erfüllungsaufwand ist 2023 auf 45 Mrd. Euro gestiegen. Dies ist dem Gutachten zufolge mehr als in der Summe der Jahre 2011 bis 2021. Da waren es 41 Mrd. Euro.

Auch Implementierung schafft Aufwand

Zusätzliche Bürokratie entsteht nicht nur durch neue Normen, sondern auch bei deren Implementierung. Priorität habe es hierzulande, Verfahrensvorschriften korrekt einzuhalten, so die Gutachter. Die Kontrolle der Verwaltung durch Gerichte und Rechnungshöfe spiele eine wichtige Rolle. Es sei kein Zufall, dass der Anteil der Juristen in Führungspositionen der Verwaltung in Deutschland höher ist als sonst in Europa, konstatieren die Forscher.

Dem Beirat zufolge werden zu wenige moderne Managementmethoden in der Verwaltung eingesetzt. Neben Pilotprojekten und mehr Forschung sollte sich die Verwaltung stärker für Fachkräfte mit Erfahrung in der Wirtschaft und anderen Sektoren öffnen, raten die Wissenschaftler. So könnten bei Neubesetzungen vermehrt „Querwechsler“ für den öffentlichen Sektor gewonnen werden. Dies verspreche neue Perspektiven, mehr Effizienz, den Blick auf Kundennutzen und Offenheit für Innovation. Gemessen an anderen Ländern könnte Deutschland auch hier besser aufgestellt sein.

Weniger Mikromanagement hilft

Zu den Empfehlungen gehören auch eine Evaluierung bestehender Gesetze, der Verzicht auf Mikromanagement und zu detaillierte Regelungen, Abstinenz beim Gold Plating von EU-Rechtsregeln, die Beschränkung auf eine stichprobenartige Ex-post-Kontrolle sowie die stärkere Ergebnisorientierung behördlichen Handels. Schließlich raten die Forscher dazu, neue Formen von kooperativer Normsetzung zu erproben: In One-Stop-Shops könnten Gesetzgeber und Behörden eng zusammenarbeiten, damit komplexe Genehmigungsprozesse vollständig von einer zuständigen Instanz bearbeitet werden. Für neue Technologien wie künstlichen Intelligenz könnten Freiräume zum Experimentieren mit regulatorischen Vorschriften geschaffen werden. Dort liege eine enormes Potenzial zur Automatisierung von Verwaltungsprozessen.

Der Beirat ist überzeugt, dass die vorgeschlagenen Reformen dazu beitragen können, den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder attraktiver zu machen. „Ihre Früchte werden aber zumeist nicht schnell geerntet werden können“, dämpfen die Wissenschaftler übertriebene Hoffnungen.

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