Wieder weniger Schiffe im Roten Meer unterwegs
Weniger Schiffe im Roten Meer
Kiel Trade Indicator: Frachtraten stabilisieren sich – Güterumschlag deutscher Häfen sinkt
ba Frankfurt
Im Februar waren insgesamt zwar wieder mehr Schiffe unterwegs – in Rotem Meer und Suezkanal aber weniger. Das IfW Kiel erwartet wegen der Passage keine negativen Folgen für die deutsche Wirtschaft. 2023 haben der maue Welthandel und geopolitische Spannungen den Güterumschlag in den Seehäfen indes gebremst.
Wegen des Nahost-Konflikts waren im Februar erneut weniger Containerschiffe im Roten Meer und dem Suezkanal unterwegs. Gesamtwirtschaftlich und speziell für die deutsche Wirtschaft sind dem jüngsten Update des Kiel Trade Indicator zufolge aber keine negativen Folgen zu erwarten: Sowohl die Frachtraten nach Europa als auch die ankommende Warenmenge in der Nordsee stabilisieren sich. Allerdings zeigen Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis), dass die schwierige geopolitische Lage und die schwache Dynamik des Welthandels 2023 nicht spurlos an den deutschen Seehäfen vorbeigegangen sind.
40 Schiffe täglich
Laut den Auswertungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) fahren derzeit täglich noch etwa 40 Containerschiffe durch das Rote Meer und damit ähnlich wenige wie zum Tiefpunkt Mitte Januar. Zwischenzeitlich waren es aber wieder 50 Schiffe. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren es durchschnittlich deutlich über 100 Schiffe. Zugleich sind rund ums Kap der Guten Hoffnung vor Afrika dreimal so viele Schiffe unterwegs. Auch die Frachtraten für den Transport eines Standardcontainers (TEU) von China nach Nordeuropa stabilisierten sich. Seit dem Mitte Januar verzeichneten Höhepunkt von knapp 6.000 Dollar pro Standardcontainer sinkt der Spotpreis kontinuierlich. Aktuell liegt er bei rund 4.500 Dollar.
Die Folgen für die Nordsee-Häfen mildern sich den Kieler Forschern zufolge aber ab, nachdem der ungeplante Umweg von zwei Wochen um das Kap der Guten Hoffnung für eine abrupte Unterbrechung der üblichen Seeroute durch den Suezkanal zu Verzögerungen bei den ankommenden Schiffen geführt hatte. Verglichen mit dem Wochendurchschnitt des Jahres 2023 legten im Februar rund 15% weniger Schiffe in Hamburg und in den für Deutschland wichtigen Häfen Rotterdam und Antwerpen an. Im Dezember und Januar waren es noch rund 25%. Bremerhaven hingegen konnte stark aufholen – hier verzeichnen die Kieler Forscher für Februar ein Plus von 2%.
Rostock gewinnt dank Erdöl
Destatis zufolge ging der Güterumschlag der deutschen Seehäfen 2023 um 4,1% zum Vorjahr zurück. Insgesamt wurden 267,8 Mill. Tonnen Güter umgeschlagen. Der umschlagsstärkste Seehafen war dabei wie im Vorjahr Hamburg mit 99,6 Mill. Tonnen – das waren allerdings 3,6% weniger als 2022. Platz 2 geht an Bremerhaven (39,2 Mill. Tonnen, −8,4%), gefolgt von Wilhelmshaven (29,8 Mill. Tonnen, −6,1%). Rostock (23,9 Mill. Tonnen, 11,9%) auf Rang 4 profitierte laut Destatis insbesondere vom stark gestiegenen Umschlag mit Erdöl: Der Anstieg von 1,3 Mill. Tonnen 2022 auf 5,2 Mill. Tonnen 2023 bedeutet für den größten deutschen Ostseehafen ein Plus von 300%. Der gesamte Containerumschlag hingegen fiel im Jahresvergleich um 8,5% auf 12,7 Mill. TEU. "Dies war der zweite Rückgang des Containerumschlags in Folge", mahnten die Statistiker. "Das Vorkrisenniveau des Jahres 2019 von 15,0 Mill. TEU wurde damit noch nicht wieder erreicht."
USA sind wichtigster Partner
Die beiden wichtigsten Partnerländer im Seehandel waren 2023 die USA mit einem Güterumschlag von 27,9 Mill. Tonnen und Norwegen mit 25,1 Mill. Tonnen. Schweden, das 2022 die Russische Föderation als bis dahin wichtigstes Partnerland abgelöst hatte, lag mit 23,0 Mill. Tonnen Güterumschlag auf Rang 3, gefolgt von China mit 20,1 Mill. Tonnen. Die USA haben dabei vor allem von den verstärkten Lieferungen fossiler Energieträger nach Deutschland infolge des Ukraine-Krieges profitiert: Mit 12,2 Mill. Tonnen entfielen mehr als zwei Fünftel des Güterumschlags auf den Empfang fossiler Energieträger.
Insgesamt stieg die Lieferung von Erdöl um 6,2%, jene von Erdgas (vornehmlich Flüssiggas) "hatte sich von 317.000 Tonnen im Jahr 2022 auf 4,8 Mill. Tonnen im Jahr 2023 beträchtlich vervielfacht", betonten die Wiesbadener Statistiker.
„Auch wenn die gesamtwirtschaftlichen Folgen überschaubar sind: Die abermalige Unterbrechung gewohnter Handelsrouten im Nadelöhr des Roten Meeres trifft auf eine sensibilisierte Stimmung für geoökonomische Risiken und Abhängigkeiten“, erklärte IfW-Experte Julian Hinz. Da Deutschland und Europa wirtschaftlich so wohlhabend seien, da sie offene Volkswirtschaften sind, die vom Handel leben, müsse es "also um Diversifizierung gehen, nicht um ein Abkapseln". Nämlich um die Diversifizierung von Lieferketten und Handelspartnern, "um Abhängigkeiten von einzelnen Zulieferern, Ländern, aber auch Handelsrouten zu reduzieren“.
Reedereien setzen nach Einschätzung der Kieler Wirtschaftsforscher nun auch mehr Schiffe ein, um trotz des Umwegs über das Kap der Guten Hoffnung die enge Hafentaktung gewährleisten zu können. So sei die Zahl der Containerschiffe, die täglich auf See unterwegs ist, von Januar auf Februar leicht um 0,3% auf rund 5.450 Schiffe gestiegen. Wegen der seit November andauernden Angriffe der jemenitischen Huthi-Rebellen meiden Reedereien den kürzesten Seeweg zwischen Europa und Asien: das Rote Meer und den Suezkanal. Zum Schutz der Schifffahrt im Roten Meer haben die USA Ende 2023 die Initiative "Operation Prosperity Guardian" ins Leben gerufen, vor kurzem gab es auch grünes Licht für den EU-Einsatz "Aspides".