Wirtschaftsbosse sehen Demokratie bei Protestwahl in Gefahr
Wirtschaftsbosse sehen Demokratie bei Protestwahl in Gefahr
Reuters Frankfurt
Die Großunternehmen in Deutschland machen sich Sorgen um die Demokratie als Fundament einer erfolgreichen Wirtschaft und pochen zugleich auf viele Reformen. Mit Blick auf die Bundestagswahl warnten die Chefs von Deutscher Bank, Mercedes-Benz und Siemens vor einer Tendenz zu Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit. Eine Verschiebung des politischen Spektrums könne zur Erosion von Werten wie Vielfalt, Offenheit und Toleranz führen, sagte Siemens-Chef Roland Busch. „Ohne stabile Demokratie gibt es keinen Wohlstand und kein Wachstum. Wir stehen vor einer wichtigen Wahl, es darf keine Protestwahl werden.“
Zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Christian Sewing, und Mercedes-Chef Ola Källenius bezog Busch Position für die Initiative „Wir stehen für Werte“, der fast 40 Unternehmen und Wirtschaftsorganisationen angehören. Sie hatte sich vor der Europawahl 2024 gegründet, um für ein geeintes Europa einzutreten. „Vorwärts bei der Wirtschaft heißt nicht rückwärts mit den Werten“, sagte Källenius. Eine stabile Demokratie brauche Wachstum, ergänzte Sewing. Seit die CDU/CSU vergangene Woche mit Stimmen der AfD im Bundestag eine Mehrheit für ihren Eckpunkteplan gegen illegale Migration beschloss, wächst die Sorge über eine Erosion der Demokratie. Doch die Vorstandschefs vertrauen darauf, dass die Unionsparteien künftig nicht mit der AfD paktieren.
Das Thema Zuwanderung sei so wichtig und komplex, dass die Parteien der Mitte hier an einem Strang ziehen müssten. Deutschland brauche im Jahr 400.000 neue Arbeits- und Fachkräfte. Dabei müsse Zuwanderung aber selektiv bleiben und darauf gerichtet sein, die besten Köpfe im Ausland zu gewinnen, erklärte Källenius.
Die Unternehmensinitiative fordert von der nächsten Bundesregierung die gleichen Veränderungen wie Wirtschaftsverbände: niedrigere Unternehmenssteuern, billigere Energie, Investitionen in Infrastruktur und Bildung sowie weniger Regulierung und Bürokratie. Das Reformfenster dafür stehe unter der neuen EU-Kommission weit offen in Brüssel, das müsse die künftige Bundesregierung unterstützen, sagte Sewing. In der Europäischen Union müsse es ein Moratorium für neue Regulierung und eine kritische Inventur der bestehenden geben.
Der nächste deutsche Wirtschaftsminister müsse die Gewinnchancen von Investoren im Blick haben, forderte Mercedes-Chef Källenius. „Bei jeder Entscheidung sollte man zuerst die Frage stellen: Macht das neue Gesetz Deutschland attraktiver für eine risikoadjustierte Rendite oder nicht?“ Nur dann führe es zu mehr Investitionen und Wachstum. „Deutschland muss zurück auf den Wachstumspfad.“