Experten raten aber weiter zur Ruhe

Wirtschaftskrise treibt weitere Firmen in die Insolvenz

Die Insolvenzen sind in den ersten drei Monaten zwar kräftig gestiegen und werden auch im kommenden Jahr weiter zulegen. Experten raten aber zur Ruhe, denn die Höchstwerte aus Zeiten der globalen Finanzkrise werden noch bei Weitem nicht erreicht.

Wirtschaftskrise treibt weitere Firmen in die Insolvenz

Wirtschaftskrise sorgt für steigende Insolvenzzahlen

Experten raten aber weiter zur Ruhe

ba Frankfurt

Seit Januar haben die Unternehmensinsolvenzen um ein Fünftel zugelegt und Frühindikatoren lassen für das kommende Jahr auf einen fortgesetzten Anstieg schließen. Experten mahnen allerdings weiter zur Ruhe, denn die im Zuge der globalen Finanzkrise erreichten Höchstzahlen bleiben weit entfernt.

Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge kletterte die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen im November um 12,6% zum Vorjahr. „Mit Ausnahme des Juni 2024 (+6,3%) liegen die Zuwachsraten im Vorjahresvergleich damit seit Juni 2023 im zweistelligen Bereich“, betonten die Statistiker. Gegenüber Oktober ergibt sich ein Rückgang um 6,4%.

„Toxische Mischung“

„Die Wirtschaftskrise fordert ihren Tribut“, erklärte DIHK-Mittelstandsexperte Marc Evers. Immer mehr Unternehmen müssten ihre Tore schließen. „Nachfrageausfälle aus dem In- und Ausland, hohe Kosten für Energie und Fachkräfte, hohe Belastungen mit Steuern und Bürokratie – das ergibt für viele Betriebe eine toxische Mischung.“ Auch der Ausblick auf das kommende Jahr fällt Evers zufolge nicht gut aus. Laut DIHK-Umfragen erwartet fast ein Drittel aller Unternehmen für 2025 schlechtere Geschäfte.

Im Baugewerbe sind es sogar 38%, im Gastgewerbe 40% und im Kraftfahrzeugbau 44%. Die DIHK rechnet mit deutlich mehr als 20.000 Unternehmensinsolvenzen in diesem und mit einem weiteren Anstieg im kommenden Jahr.

VID warnt vor Panikmache

„Anstieg, ja – Dramatische Entwicklung, nein!“ ordnet der Berufsverband der Insolvenzverwalter (VID) ein. Ausgehend von 22.400 Unternehmensinsolvenzen in diesem Jahr, wie sie etwa die Auskunftei Creditreform prognostiziert, werde es auch 2025 einen weiteren Anstieg geben. „Aber es besteht kein Anlass, daraus eine dramatische Entwicklung abzuleiten“, erklärte VID-Präsident Christoph Niering. „Von den Rekordjahren 2004 und 2009 mit in der Spitze 39.213 Unternehmensinsolvenzen werden wir auch im Jahr 2025 sehr weit entfernt sein.“ Trotz einer schwierigen Wirtschaftslage sei auch der Arbeitsmarkt heute völlig anders als während dieser vergangenen Krisenphasen. Aktuell würden wesentlich mehr Menschen den Arbeitsmarkt aus Altersgründen verlassen und damit die sozialen Auswirkungen von Massenentlassungen und Insolvenzen dämpfen, betont Niering. Creditreform erwartet, dass 2024 etwa 320.000 Arbeitsplätze durch Insolvenzen akut bedroht sind oder sogar verloren gehen.

Forderungen mehr als verdoppelt

Wegen des Zeitverzugs zwischen Antrag und gerichtlicher Entscheidung liegen aktuell Daten für die ersten drei Quartale vor. So meldeten die Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 16.222 beantragte Unternehmensinsolvenzen von Januar bis einschließlich September. Eine höhere Zahl in diesem Zeitraum hatte es zuletzt mit 16.480 im Jahr 2016 gegeben. Die Forderungen der Gläubiger beziffern die Amtsgerichte auf rund 45,6 Mrd. Euro. Im Vorjahr war es mit rund 21,1 Mrd. Euro weniger als die Hälfte.

Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen stieg im Jahresvergleich um 6,8% auf 53.409.

Mit 91 Fällen je 10.000 Unternehmen waren erneut Betriebe aus dem Wirtschaftsabschnitt Verkehr und Lagerei am häufigsten von Insolvenzen betroffen, gefolgt vom Baugewerbe mit 72 Insolvenzen und die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, zu denen etwa Zeitarbeitsfirmen gehören, mit 70 Fällen sowie das Gastgewerbe mit 64. Insgesamt meldet Destatis für Deutschland 47 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen in den ersten drei Quartalen.

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