Konjunktur

ZEW-Barometer profitiert von Zinssenkungshoffnung

Börsianer setzen auf eine baldige Zinssenkung und blicken so zuversichtlich auf die deutsche Konjunktur wie seit fast einem Jahr nicht mehr. Das Rezessionsrisiko bleibt aber hoch.

ZEW-Barometer profitiert von Zinssenkungshoffnung

ZEW-Barometer profitiert von Zinssenkungshoffnung

Unerwarteter Anstieg zu Jahresbeginn – IMK-Konjunkturindikator signalisiert weiter hohes Rezessionsrisiko

ba Frankfurt

Die Zinssenkungshoffnungen am Markt sorgen bei Börsianern auch für einen etwas optimistischeren Blick auf die deutsche Wirtschaft. So ist das vom ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung erhobene Konjunkturbarometer im Januar um 2,4 auf 15,2 Punkte gestiegen. Nach dem nunmehr sechsten Zuwachs in Folge wird die Konjunktur in den kommenden sechs Monaten so gut eingeschätzt wie zuletzt im Februar 2023. Ökonomen hatten dagegen einen leichten Rückgang auf 11,7 Zähler vorausgesagt – entgegen der Statistik: Denn in 18 der vergangenen 24 Jahre hatten die ZEW-Konjunkturerwartungen im Januar zugelegt, wie Bantleon-Ökonom Jörg Angelé erinnert.

Lage wird schwächer bewertet

Die aktuelle Lage wurde allerdings von den 173 monatlich befragten Analysten und institutionellen Anlegern etwas schlechter als zuvor bewertet. Das entsprechende Barometer fiel um 0,2 auf minus 77,3 Punkte. Damit verfestige sich das Bild einer konjunkturellen Bodenbildung, schreibt Valentin Jansen von der Nord/LB. Fasst man die Lagebeurteilung und die Konjunkturerwartungen in einem Composite-Indikator zusammen, so deutet dieser Angelé zufolge auch für den Jahresbeginn auf eine schrumpfende Wirtschaftsleistung hin. Einer ersten Prognose des Statistischen Bundesamts zufolge ist das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2023 – wie auch im Gesamtjahr 2023 – um 0,3% zurückgegangen. Bei zwei Minus-Quartalen in Folge spricht man von einer technischen Rezession.

Rezessionswahrscheinlichkeit bleibt hoch

Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession im ersten Quartal 2024 ist dem IMK-Konjunkturindikator zufolge in den vergangenen Wochen zwar etwas gesunken, bleibt aber auf hohem Niveau. Das Barometer des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) signalisiert für den Zeitraum von Januar bis Ende März eine Rezessionswahrscheinlichkeit von 56,8%. Anfang Dezember betrug sie für die folgenden drei Monate 68,9%. Zugleich ist die statistische Streuung, in der sich die Verunsicherung der Wirtschaftsakteure ausdrückt, „von bereits hohen 19% im Dezember auf jetzt 20,7% gestiegen“, mahnte das IMK. Auch im Gesamtjahr 2024 Jahr dürfte die Wirtschaft kaum vorankommen, erwarten Experten. Der Industrieverband BDI etwa prognostiziert ein BIP-Plus von 0,3%.

Ungünstigerer Blick auf den Euroraum

„Angesichts schlechter Standortbedingungen ist fraglich, woher eine Aufbruchsstimmung kommen soll“, sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. „Der Wegfall staatlicher Investitionen und die drastische Kürzung bei Hilfen für Haushalte und Unternehmen stellen ein nicht zu unterschätzendes konjunkturelles Risiko dar“, betont Angelé. Etwas überraschend komme daher, dass sich die Konjunkturerwartungen für die Eurozone im Januar mit 22,7 nach 23,0 Punkten ungünstiger entwickelt haben als in Deutschland.

Den erneuten Anstieg der ZEW-Konjunkturerwartungen erklärt ZEW-Präsident Achim Wambach damit, „dass mittlerweile mehr als die Hälfte der Befragten davon ausgeht, dass die EZB im ersten Halbjahr Zinssenkungen vornimmt“. Die im Dezember gestiegene Inflation in Deutschland und im Euroraum habe somit keinen Einfluss auf die geldpolitischen Erwartungen der Befragten. Noch stärkere Verschiebungen gebe es bei den amerikanischen Zinserwartungen. Mehr als zwei Drittel der Befragten prognostizieren Zinssenkungen durch die Fed in den kommenden sechs Monaten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.