Konjunktur

ZEW-Index gibt kräftig nach

Die deutsche Wirtschaft ist auf Wachstumskurs und dürfte im dritten Quartal ein sattes Plus beim Bruttoinlandsprodukt verzeichnen. Der Optimismus lässt aber nach – wie die neue ZEW-Konjunkturumfrage zeigt.

ZEW-Index gibt kräftig nach

ms Frankfurt

Die deutsche Wirtschaft befindet sich Mitte des dritten Quartals weiter auf einem starken Wachstumskurs, allerdings nehmen die Risiken sowie die Unsicherheit zu und das Wachstum dürfte sich im weiteren Jahresverlauf womöglich spürbar abschwächen. Darauf deutet die neueste Konjunkturumfrage des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hin. Die Konjunkturerwartungen der befragten Finanzmarktexperten für Deutschland sanken im August um 22,9 Zähler auf 40,4 Punkte – und damit deutlich stärker als erwartet. Die aktuelle Lageeinschätzung verbesserte sich dagegen kräftig um 7,4 Zähler auf 29,3 Zähler.

Die vierte Coronawelle und die Angst vor neuerlichen Restriktionen haben zuletzt zunehmend zu Sorgen geführt, dass der jüngste Konjunkturaufschwung ein jähes Ende finden könnte – zumal die Wirtschaft auch noch mit enormen Engpässen bei bestimmten Rohstoffen und Vorleistungsgütern konfrontiert ist. Im zweiten Quartal war die deutsche Wirtschaft um 1,5% gewachsen. Die grassierenden Konjunktursorgen in Euroland sind auch ein wesentlicher Grund, warum die Europäische Zentralbank (EZB) trotz der unerwartet stark steigenden Inflation an ihrer sehr expansiven Geldpolitik festhält.

Die neue ZEW-Umfrage bestärkt nun zum einen Einschätzungen, dass die deutsche Wirtschaft stark wächst. Die Einschätzung der aktuellen Lage verfehlte mit 29,3 Punkten zwar leicht die Konsensschätzung von 31,0 Punkten. Dennoch unterstützt dieser Wert das Bild einer sich kräftig erholenden Wirtschaft. Markus Guetschow, Volkswirt bei Morgan Stanley, verwies darauf, dass die ZEW-Lageeinschätzung ein besserer Indikator für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei als die ZEW-Konjunkturerwartungen. Ökonom Jörg Angelé vom Vermögensverwalter Bantleon rechnet nun im dritten Quartal gar mit einem Wachstum von etwa 3%.

Zum anderen schürt die ZEW-Umfrage mit den stark sinkenden Konjunkturerwartungen und dem dritten Rückgang in Folge aber Sorgen über den weiteren Ausblick. Zwar kommt dieser Rückgang nicht gänzlich unerwartet und ist in Teilen auch allein damit erklärbar, dass sich die Lage bereits deutlich gebessert hat – und damit eben auch die Ausgangsbasis für die weiteren Erwartungen. „Dass der Optimismus nachlässt, je länger ein Aufschwung dauert, liegt fast in der Natur der Sache“, sagte auch der Chefvolkswirt von Union Investment, Jörg Zeuner.

Zugleich aber spiegeln sich in den gesunkenen Erwartungen wohl auch Entwicklungen wie die steigenden Corona-Infektionszahlen und die verbreiteten Lieferengpässe wider. „Die ZEW-Konjunkturerwartungen gehen zum dritten Mal in Folge zurück. Dies weist auf zunehmende Risiken für die deutsche Konjunktur hin, wie etwa eine mögliche vierte Covid-Welle ab Herbst oder eine Abschwächung des Wachstums in China“, sagte ZEW-Präsident Achim Wambach. Das Analysehaus Sentix hatte am Montag wegen des dritten Rückgangs seines Konjunkturindex vor einer Trendwende zum Schlechteren für die Wirtschaft gewarnt – in Deutschland wie im Euroraum.

Für das vierte Quartal in Deutschland erwarten die meisten Volkswirte in der Tat ein deutlich schwächeres Wachstum als in den beiden Vorquartalen. Mit einem neuerlichen BIP-Rückgang rechnet derzeit aber kaum jemand. Entscheidend wird nun sein, wie es mit der Pandemie weitergeht. Aber wichtig ist auch, wie schnell es gelingt, die aktuellen Lieferengpässe in der Wirtschaft zu überwinden.

Das gleiche Bild wie für Deutschland zeichnet die ZEW-Umfrage auch für die Eurozone insgesamt: Die Konjunkturerwartungen gingen zum dritten Mal in Folge zurück – um 18,5 auf 42,7 Punkte. Der Wert des Lageindikators stieg dagegen um 8,6 Zähler auf 14,6 Punkte.

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