Zu wenig öffentliche Zukunftsinvestitionen
Zu wenig Zukunftsinvestitionen
Wirtschaftsweise für verbindliche öffentliche Ausgaben für Verkehr, Bildung und Verteidigung
Der Sachverständigenrat Wirtschaft plädiert für verbindliche neue Regeln für die Ausgestaltung zukunftsorientierter öffentlicher Ausgaben. Die Wirtschaftsweisen sehen dabei insbesondere Handlungsbedarf in den Ressorts Verkehr, Bildung und Verteidigung und schlagen Mindestausgabenquoten und einen Fonds vor.
ahe Berlin
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat vorgeschlagen, zukunftsorientierte öffentliche Ausgaben mithilfe neuer verbindlicher Vorgaben dauerhaft zu erhöhen. Die Wirtschaftsweisen verwiesen in ihrem am Mittwoch vorgelegten Jahresgutachten darauf, dass es besonders bei den Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, die Bildung und die Verteidigung einen hohen Nachholbedarf gibt. Seit Jahren liegen die deutschen Ausgaben in den Zukunftsfeldern schon unter dem EU-Durchschnitt.
Der Rat fordert daher die Einführung neuer Instrumente mit einer hohen Bindungswirkung, die helfen, die Priorisierung der zukunftsorientierten Investitionen bei der Haushaltsaufstellung abzusichern. Diese Instrumente sollten dann auch gesetzlich verankert werden, hieß es. Sie sollten dabei auf die jeweiligen finanziellen Bedarfe und Anforderungen in den Bereichen abgestimmt werden. Konkret schlagen die Ökonomen Mindestausgabenquoten im Bildungssektor und für den Verteidigungsetat vor sowie einen Verkehrsinfrastrukturfonds, der dauerhafte Einnahmen aus dem Kernhaushalt erhält.
Schuldenbremse ergänzen
Sachverständigenratsmitglied Achim Truger stellte bei der Vorstellung des Jahresberichts klar, dass die Schuldenbremse die notwendige Priorisierung von Zukunftsinvestitionen nicht sicherstelle. Die Politik müsse vielmehr durch institutionelle Regeln dazu verpflichtet werden, entsprechende Mittel bereitzustellen. „Die Schuldenbremse zielt darauf ab, die Belastung zukünftiger Generationen durch eine zu hohe Staatsverschuldung zu verhindern“, so Truger. „Zukünftige Generationen können jedoch ebenso durch zu niedrige zukunftsorientierte Ausgaben und unzureichende Instandhaltung der Infrastruktur belastet werden.“
Zur Größe des Verkehrsinfrastrukturfonds, der auch schon einmal von Verkehrsminister Volker Wissing vorgeschlagen worden war, hielten sich die Wirtschaftsweisen bedeckt. Vorgeschlagen wurde aber, dass es kontinuierliche Einnahmequellen geben sollte, beispielsweise aus der Lkw- oder durch eine Pkw-Maut, die perspektivisch die Einnahmen der öffentlichen Hand aus der Verkehrskraftstoffsteuer ersetzen könnte. Laut Sachverständigenrat sollte zugleich bei dem Fonds darauf geachtet werden, dass der Neubau von Straßen und Schienenwegen nicht weiter gegenüber dem Bestandserhalt priorisiert wird, wie es heute immer wieder geschieht.
Bei den Verteidigungsausgaben hält der Rat auch in Zukunft grundsätzlich am 2%-Ziel der Nato fest. Die gesetzliche Festlegung als Mindestquote könne aber die Bindungswirkung dieses Ziels erhöhen, hieß es. Eine Reform der Schuldenbremse, wie sie die Wirtschaftsweisen bereits vorgeschlagen hatten, könnte nach Ansicht der Ökonomen zusätzliche Kreditspielräume schaffen, um den Nachholbedarf im Bereich der Verteidigung zu decken.
Politiker präferieren Gegenwart
Im Bildungsbereich sieht der Sachverständigenrat insbesondere Nachholbedarf im Bereich der frühkindlichen Bildung und der Grundschule. Ein sinnvoller Indikator für eine Mindestquote bei den Ausgaben – die von den Ländern getragen werden müssten – wäre demnach ein bestimmter (vom Rat nicht näher bezifferter) Betrag pro Schüler.
Dass zukunftsorientierte öffentliche Investitionen häufig zu gering ausfallen, erklären die Wirtschaftsweisen damit, dass die Politik tendenziell Maßnahmen und Ausgaben bevorzugt, die der derzeitigen Wählerschaft zugutekommen. Ausgaben, deren Nutzen erst langfristig eintritt, würden hingegen aufgrund dieser Gegenwartspräferenz eher vernachlässigt.