Konjunktur

Zuversicht für Euro-Wirtschaft steigt

Der Euroraum wird die Folgen der Pandemie nicht so schnell abschütteln können: Ende 2022 dürfte das Vorkrisenniveau erreicht sein. Das Konjunkturtableau von ZEW und Börsen-Zeitung spricht indes für Zuversicht.

Zuversicht für Euro-Wirtschaft steigt

Von Alexandra Baude, Frankfurt

Die Wirtschaft im Euroraum wird die Folgen der Corona-Pandemie nicht so schnell abschütteln können: Erst Ende 2022 dürfte nach Einschätzung von Experten das Vorkrisenniveau erreicht sein. In einzelnen Ländern, insbesondere jenen, die stark vom Tourismus abhängig sind, wird es noch länger dauern. Denn bis Herdenimmunität gegen das Coronavirus erreicht ist, werden Touristen weiter Gesundheitsrisiken im Blick behalten – soweit nichtnotwendige Reisen auf breiter Front überhaupt zulässig sind.

Die EU-Kommission hat in ihrer am Donnerstag vorgelegten Winterprognose dargelegt, dass die Tourismusströme 2021 noch nicht wieder auf ihr altes Niveau zurückfinden. Dabei würden sich ländliche und an der Küsten gelegene Destinationen und solche, die mit dem Auto erreichbar sind, schneller erholen als der Städtetourismus. Auch sei zu erwarten, dass Reisende von außerhalb der EU vor Flugreisen eher zurückschrecken. Insgesamt jedoch dürften der Nachholbedarf und hohe Ersparnisse zu einer stärkeren Sommersaison als im vergangenen Jahr führen. Beliebte Urlaubsländer wie Italien und Spanien zählen zu den Volkswirtschaften im Euroraum, die wohl erst im Verlauf des übernächsten Jahres an das Vorkrisenniveau herankommen (vgl. BZ vom 12. Februar).

Für den Euroraum als Ganzes zeigen sich Ökonomen aktuell wieder etwas optimistischer. So wurden die vom Mannheimer ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung für das Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung ermittelten Wachstumsprognosen für 2021 um 0,1 Prozentpunkte auf 4,9% nach oben geschraubt. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) für 2022 wird nun mit +3,8% vorausgesagt nach +3,3% im vergangenen Monat. Zum Vergleich: Im Corona-Jahr 2020 ist die Euro-Wirtschaft laut vorläufigen Daten des Statistikamts Eurostat um 6,8% eingebrochen – dies ist der stärkste Rückgang in der Geschichte des gemeinsamen Währungsgebietes. Der zuvor kräftigste Absturz stammt von 2009, dem Jahr der globalen Finanzkrise, als das BIP um 4,5% abrutschte.

Hoffnung auf mehr Konsum

Die dem aktuellen Tableau zu entnehmenden gestiegenen Erwartungen für 2022, erklärt ZEW-Experte Michael Schröder, beruhen auf den gleichfalls nach oben revidierten Prognosen für den privaten sowie den staatlichen Konsum. Insbesondere bei den Staatsausgaben liegt die Medianprognose mit 2,6% nach zuvor 0,8% deutlich höher als in der vorherigen Ausgabe des Konjunkturtableaus. Für die privaten Konsumausgaben werden nun 4,6% statt zuvor 3,8% avisiert. Bei den Anlageinvestitionen allerdings ist die Wachstumsprognose nach unten revidiert worden: Von zuvor 4,8% auf jetzt 3,4%. „Ein stärker durch (staatlichen und privaten) Konsum getriebenes Wachstum wäre zwar auf kurze Sicht ein probates Mittel, um schneller aus der Krise herauszukommen“, stellt Schröder fest. Ein deutlicher Rückgang des Wachstums der Investitionen könne jedoch zu einer Verminderung des Wachstumspotenzials führen und damit die Wirtschaftsentwicklung auf mittlere Sicht beeinträchtigen.

Ökonomen sind sich einig in der Erwartung, dass im Sommerhalbjahr eine dynamische Konjunkturerholung einsetzt, wenn die Neuinfektionszahlen wie erwartet zurückgehen – weil die Impfkampagnen erfolgreich sind und die Ansteckungsgefahr bei wärmerem Wetter und mehr Aktivitäten im Freien zurückgeht –, die aktuellen Schutzmaßnahmen gelockert werden und die Geschäfte wieder öffnen. Insbesondere wird erwartet, dass ein Teil der außerordentlich hohen Ersparnis in den Konsum fließt.

Mit Blick auf die deutsche Wirtschaft hat sich im Vergleich zum Januar nur wenig getan: Das reale BIP wird für 2021 weiterhin mit +4,0% prognostiziert. Die neue Prognose für 2022 liegt bei 3,4% nach zuvor 3,2%. Auf dem Arbeitsmarkt ist Schröder zufolge mit keinen großen Verwerfungen zu rechnen, auch wenn die im Vergleich zu Januar unverändert gebliebenen Prognosen einer Arbeitslosenquote von 6,0% für 2021 und von 5,5% für 2022 über denen der Vorjahre liegen: 2018 betrug die Arbeitslosenquote 5,2%, 2019 waren es 5,0%.

Jobmarkt bessert sich

Geändert hat sich hingegen die Einschätzung für den Jobmarkt der 19 Euro-Länder: Die nun vorausgesagte Arbeitslosenquote von 8,6% fällt deutlich geringer aus als mit 9,2% im Vormonat. Für 2022 gehen die Auguren von einem Rückgang auf 8,0% aus. Hier lag die Median-Prognose zuvor bei 8,8%.