GastbeitragMigrationspolitik

Zuwanderer sorgen für langfristiges Wachstum

Zuwanderungsgesellschaften wachsen schneller, zeigen sich robuster und in der Regel auch innovativer. Deutschland muss die Chance nutzen.

Zuwanderer sorgen für langfristiges Wachstum

Zuwanderer sorgen für langfristiges Wachstum

Deutschland hat mit einer vielschichtigen Herausforderung zu kämpfen – aber einer der Faktoren, den manche als Schuldigen für einen großen Teil des Problems ausmachen wollen, ist genau das Gegenteil, er ist die Lösung: die Migration.

In Ländern mit einer hohen Einwanderungsquote ist das Unternehmertum in der Regel stärker ausgeprägt, und Unternehmen im Besitz von Einwanderern sind in der Regel innovativer und erfolgreicher als solche im Besitz einheimischer Manager. Eine Studie der National Foundation for American Policy aus dem Jahr 2018 ergab, dass 55% der Unicorns in den Vereinigten Staaten entweder von Zuwanderern gegründet oder mitbegründet wurden. Der Global Entrepreneurship Monitor (GEM) des RKW Kompetenzzentrums in Zusammenarbeit mit der Leibniz-Universität Hannover zeigte, dass in Deutschland etwa jede fünfte Person mit Migrationshintergrund in den letzten drei Jahren eine unternehmerische Tätigkeit aufgenommen hat. Damit liegt die Gründungsquote mit 19,9% mehr als doppelt so hoch wie bei Personen ohne Migrationshintergrund (8,3%).

Yaron Valler ist Mitgründer und Partner bei Target Global, einem auf Technologieunternehmen spezialisierten europäischen Venture-Capital-Investor.

Trotzdem stehen Zuwanderer bei der Gründung und Führung von Unternehmen oft vor besonderen Herausforderungen: Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede und erschwerter Zugang zu Kapital. Gerade weil Deutschland Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund willkommen heißt, ist es unerlässlich, wirksame Strategien für ihre nahtlose Integration in das gesellschaftliche Gefüge zu entwickeln. Dazu gehört nicht nur die Bereitstellung der notwendigen Strukturen, sondern auch die Förderung einer Kultur der Inklusion, die eine uneingeschränkte Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben begünstigt. Das kommt der Gesellschaft auch in anderem Zusammenhang zugute: Forschungen belegen, dass soziale Investitionen in Zuwanderer positive Auswirkungen auf die Aufnahmegesellschaft haben können, indem sie den sozialen Zusammenhalt, Vertrauen und Toleranz fördern und unerwünschte Verhaltensweisen wie Kriminalität eindämmen.

Ein wichtiger Faktor, wenn man das Potenzial der Migration nutzen will, liegt in einer Reform des Bildungssystems, sodass es den Unternehmergeist schon in den ersten Lebensjahren eines jungen Menschen weckt. Auch eine stärkere Fokussierung auf technikorientierte Bildung ist unerlässlich. Insbesondere der „DigitalPakt Schule“, der im Mai 2024 ausgelaufen ist, muss eine Anschlussfinanzierung erhalten. Darüber hinaus sollte es eine Vielzahl von Programmen geben, die es den Lehrkräften ermöglichen, ihre digitalen Kompetenzen weiterzuentwickeln.

Ermutigen können inspirierende Beispiele aus den vergangenen zwei Jahrzehnten. Mir persönlich führte eine enge Zusammenarbeit mit talentierten Gründern wie Lukasz Gadowksi von Delivery Hero, Hakan Koc von Auto1 und Naren Shaam von Omiodie unglaubliche Hartnäckigkeit und Kreativität vor Augen, die meiner Meinung nach Gründern mit Migrationshintergrund eigen ist, ebenso wie die Fähigkeit, über den Tellerrand zu schauen.

Die Entscheidung, das eigene Leben umzukrempeln und den Schritt in ein neues Land zu wagen, resultiert schließlich oft aus dem starken Wunsch nach Selbstverbesserung und der Suche nach neuen Möglichkeiten – ganz gleich, ob diese Entscheidung von den Eltern eines Einwanderers der ersten Generation oder von einem Unternehmer getroffen wird, der sich entschließt, ein Leben in einem Land außerhalb seiner Heimat aufzubauen. Dieser inhärente unternehmerische Antrieb ist ein wesentlicher Bestandteil der Leidenschaft und des Engagements, die für den Erfolg in der Geschäftswelt erforderlich sind.

So liegt der Schlüssel zur Lösung einer großen Herausforderung Deutschlands – in erster Linie verursacht durch den demografischen Wandel – in einer ganzheitlichen Strategie zur Nutzung dieser Potenziale. Eine solide und visionäre Einwanderungspolitik ist der Schlüssel zu einer neuen Ära des dynamischen Unternehmertums in Deutschland. Die Einbeziehung von Vielfalt und Talenten aus aller Welt ist nicht nur eine strategische Notwendigkeit, sondern auch ein starker Katalysator für Innovation, Kreativität und gemeinsamen Erfolg. Durch eine konzertierte Anstrengung, den Unternehmergeist von Zuwanderern zu nutzen, sichern wir nicht nur den Wettbewerbsvorteil Deutschlands, sondern gestalten auch eine Zukunft, in der der Wohlstand keine Grenzen kennt.

Yaron Valler

Mitgründer und Partner bei Target Global