Allgemeine Verunsicherung
Neuwahlen Frankreich
Allgemeine Verunsicherung
Mehrere Faktoren machen den Ausgang der vorgezogenen Parlamentswahlen in Frankreich unsicher
wü Paris
Von Gesche Wüpper, Paris
Die überraschenden Neuwahlen sorgen für Unsicherheit. Zwar hatte der rechtsextreme Rassemblement National (RN) bei den Europawahlen die Nase deutlich vorn. Doch so einfach lässt sich das Ergebnis nicht übertragen, auch wenn sich eine gewisse Tendenz ablesen lässt. Die Parlamentswahlen seien ohnehin schwer vorherzusagen, doch diesmal gebe es keinerlei Anhaltspunkte, stöhnen Meinungsforschungsinstitute. „Der Ausgang der Wahlen ist ungewiss“, meint auch Bruno Cavalier, der Chefökonom von Oddo BHF. Wie andere Experten hält er mehrere Szenarien für möglich. Die letzten Parlamentswahlen 2022 hätten gezeigt, dass Vorhersagen für die Zahl der Sitze in der Nationalversammlung vor der ersten Wahlrunde schwierig seien, sagt Matthieu Gallard von Ipsos. Damals hatten Meinungsforschungsinstitute zunächst 15 bis 35 für den RN vorhergesagt. Am Ende waren es 89.
Im Gegensatz zu den Europawahlen erfolgen die französischen Parlamentswahlen nach dem Mehrheitswahlrecht in zwei Wahlgängen. Kommt keiner der Kandidaten in einem der 577 Wahlkreise im ersten Wahlgang am 30. Juni auf mehr als 50%, so ziehen die Erst- und Zweitplatzierten in die zweite Runde am 7. Juli ein. Wenn sie auf mehr als 12,5% der Stimmen kommen, können auch Dritt- und Viertplatzierte in die zweite Runde gelangen. Früher haben sie sich in diesem Fall oft zurückgezogen, wenn ein Kandidat des RN ebenfalls weitergekommen war, um die Chancen zu verbessern, dass er nicht gewählt wird. Dazu kommen Unsicherheiten wie die Wahlbeteiligung. Bei den Parlamentswahlen 2022 lag sie unter 50%. Jetzt deutet alles darauf hin, dass sie trotz beginnender Sommerferien höher ausfällt. Mehr als eine Million Franzosen haben bereits Vollmachten beantragt, damit jemand anderes für sie wählen kann. In Frankreich gibt es kein Briefwahlrecht. Die neuen Allianzen machen Vorhersagen ebenfalls schwierig. Der Chef der Republikaner ist ein Bündnis mit dem RN eingegangen, doch die meisten Mitglieder der Partei machen nicht mit. Sozialisten, Grüne und Kommunisten wiederum bilden mit der linksextremen La France Insoumise (LFI) die neue Volksfront.