Amerikas Autobauer leben in einer Traumwelt
E-Mobilität
Die Traumwelt der US-Autobauer
Die Elektrostrategien
der amerikanischen Automobilkonzerne bieten auch künftig keine Basis für
profitables Wachstum.
Von Alex Wehnert
Amerikas Autobauer leben in Sachen E-Mobilität in einer Traumwelt. Insbesondere General Motors hat sich zuletzt wieder bemerkenswert optimistisch für die Aussichten auf dem vermeintlichen Geschäftsfeld der Zukunft gezeigt: „So schnell wie möglich“ sollen die Stromer des Konzerns laut CEO Mary Barra auf operativer Basis einen Profit abwerfen, nachdem sich die Detroiter auf gutem Weg sehen, ihr Fertigungsziel von 200.000 Einheiten pro Jahr zu erreichen. Dabei droht allerdings ein nicht zu leugnender Fakt unterzugehen: Die Nachfrage hält mit der Produktion auch weiterhin mitnichten Schritt.
Abenteuerlicher Zick-Zack-Kurs bei GM
GM hat sich zuletzt auf einen abenteuerlichen Zick-Zack-Kurs begeben. Ursprünglich hatte der Konzern entgegen des Rats von Autohändlern geplant, eine Phase mit stärkerem Fokus auf Hybride zu überspringen und direkt auf rein batteriebetriebene Fahrzeuge zu setzen. Doch zwang die Marktrealität GM zurückzurudern. Infolge des schwachen Kundeninteresses hat GM Pläne für eine batteriebetriebene Buick-Variante im Sommer ebenso verschoben wie Investitionen in eine neue Fabrik für Elektro-Trucks. Dagegen hat der Konzern zuletzt angekündigt, 625 Mill. Dollar in ein Joint Venture für die Förderung von batteriefähigem Lithium zu stecken. Das ständige Hin und Her lässt Anleger fragend zurück.
Weitaus schwieriger ist die Lage indes bei Ford. Zwar eliminierte das Unternehmen im dritten Quartal rund 500 Mill. Dollar an mit dem Elektro-Geschäft verbundenen Kosten, befindet sich aber immer noch auf dem besten Weg, im laufenden Jahr Verluste von über 5 Mrd. Dollar aus der Sparte anzuhäufen. Die Schwierigkeiten lasten erheblich auf der Wettbewerbsfähigkeit des Autobauers. Bereits im August hatte Ford eingeräumt, Pläne für einen Elektro-SUV ad acta legen und in der Folge Milliardenabschreibungen in Kauf nehmen zu müssen. Nun will der Konzern zwischen Mitte November und dem 6. Januar auch die Produktion in der Fabrik aussetzen, die den batteriebetriebenen Ford F-150 Lightning fertigt. Mit einem Kursverlust von rund 15% seit Anfang Januar hinkt die Aktie den Papieren der US-Konkurrenz weit hinterher.
Rückkäufe stützen Aktie
Dass GM mit einem Plus von nahezu 45% seit Jahresbeginn eine deutlich bessere Figur abgibt, ist indes nicht auf rosigere fundamentale Aussichten zurückzuführen. Vielmehr stützen Buyback-Programme der Detroiter den Kurs. Seit dem vergangenen November hat der Konzern Aktien im Volumen von rund 16 Mrd. Dollar zurückgekauft – wer für 2023 und 2024 einen kombinierten freien Cash-flow von 22 Mrd. Dollar zugrunde legt, kommt schon unter Ausschluss der Dividende auf eine Ausschüttungsquote von nahezu 73%. Setzt GM die Rückkäufe in diesem Tempo fort, könnte der Automobilriese bei konstantem Kurs-Buchwert-Verhältnis innerhalb von neun Jahren 60% seiner Aktien aus dem Verkehr ziehen.
Allerdings ist zweifelhaft, ob sich diese Kapitalallokation endlos fortsetzen lässt. Und ihre mathematisch positiven Effekte auf den Gewinn pro Aktie werden in den Augen der Anleger in den Hintergrund treten, wenn der so vollmundig angekündigte Elektro-Kurs weiterhin im Rohr krepiert. Dass dies ein weit realistischeres Szenario ist, als die zuletzt optimistische Kommunikation vermuten lässt, zeigt auch ein genauerer Blick auf den Vorreiter im Markt für Batterievehikel.
Musks illusorische Zielmarken
Denn noch in weit stärkerem Ausmaß als GM-Chefin Barra macht sich Tesla-CEO Elon Musk die Welt, wie sie ihm gefällt. Erschreckend ist dabei, dass andere Branchenvertreter und Anleger die illusorischen Zielmarken des Milliardärs noch für bare Münze nehmen. Im laufenden Jahr will Tesla einen höheren Absatz erzielen als 2023. Doch um das zu erreichen, müsste der E-Autobauer im vierten Quartal 515.000 Fahrzeuge ausliefern und damit so viele wie noch nie. Dies würde die Erwartungen der Wall Street ebenso weit übertreffen wie die für 2025 in Aussicht gestellten Absatzsteigerungen um 20 bis 30%.
Einmal mehr erzeugt der reichste Mensch der Welt damit unnötigen Druck auf den E-Automarkt. Denn die Ziele werden nur dann ansatzweise in Reichweite rücken, wenn Tesla die aggressive Rabattstrategie fortführt, die zu einer Erosion ihrer Margen geführt hat. Dass sich das Unternehmen im abgelaufenen Quartal aus der Abwärtsspirale bei der Profitabilität befreit hat, ist nur eine Momentaufnahme. Denn erneut rettete der Handel mit Emissionsgutschriften Tesla die Bilanz.
Abhängig von staatlicher Förderung
Die Abhängigkeit von politischer Förderung zeigt, dass E-Autos in den USA auf sich gestellt keine Basis für profitables Wachstum der Branche bieten. Die Fortsetzung der Rabattstrategie bei Tesla wird auch die Konkurrenz noch zu hohen Discounts zwingen. Damit werden Belastungen für die Profitabilität einhergehen. Statt von einer schnellen Wende bei Elektroautos zu träumen, müssen die US-Autobauer aufwachen und Investoren realistische Erwartungen vermitteln.