Notiert inBerlin

Angriff auf die lahme Ente

Die Union hinterfragt die Dienstreisen von Finanzminister Jörg Kukies und unterstellt ihm ineffiziente Ausgaben. Kukies bleibt aktiv trotz bevorstehender Neuwahlen.

Angriff auf die lahme Ente

Notiert in Berlin

Angriff auf die lahme Ente

Von Angela Wefers

Ein Wahlkampf hat unschöne Seiten. Angriffe auf den politischen Gegner können persönlich werden und die Methoden folgen nicht immer der Rationalität. Die Union im Bundestag hat sich Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SDP) vorgenommen – mit einer skurrilen Stoßrichtung.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt begehren zusammen mit der Fraktion in einer parlamentarischen Anfrage Auskunft über die Dienstreisen des Ministers: Die Regierung soll die bisherigen und geplanten Auslands- und Inlandreisen des Ministers auflisten, die politischen Zwecke und Verhandlungsergebnisse nennen sowie Auskunft über Dauer, Übernachtungen und genutzte Verkehrsmittel geben.

Die Union will wissen, was die Reisen des Ministers gekostet haben bzw. noch kosten werden, auf wessen Initiative sie zustande kamen und ob Wirtschaftsvertreter respektive solche von NGOs mitgereist sind. Kurzum, die CDU/CSU insinuiert: Kukies simuliert auf nationalem und internationalen Parkett lediglich Handlungsfähigkeit und belastet damit die Staatskasse.

Reisefreudiger Vielflieger

Kukies, durchaus als Vielflieger und reisefreudig bekannt, will auf jeden Fall noch etwas bewegen. Er rückte nach dem Bruch der Ampel Anfang November aus dem Kanzleramt an die Spitze des Finanzministeriums. Das Haus kennt er gut. Er war dort Staatsekretär und wurde zum engen Vertrauten von Olaf Scholz (SPD). Obwohl die Tage von Kukies im Ministerium wegen der vorgezogenen Bundestagwahl zumindest in dieser Legislaturperiode gezählt sind, machte er alles andere als den Eindruck einer „Lame Duck“.

Der gesetzgeberische Output seiner kurzen Amtszeit beschränkt sich aus Sicht der Union auf zwei Finanzgesetze. Die positive Variante wäre: Immerhin ist es trotz fehlender Mehrheit gelungen, dass der Bundestag sie noch 2024 beschlossen hat. Beim steuerlichen Ausgleich von kalter Progression und Kindergelderhöhung hatte die Union sogar die Rest-Ampel unterstützt. Auch das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz, das Kryptowerte reguliert, ging mit Zustimmung der CDU/CSU durch den Bundestag. Kukies hofft noch vor der Wahl auf grünes Licht vom Bundestag für die Errichtung des Finanzkriminalitätsamts gegen Geldwäsche. Auch dazu dürfte die Union im Bilde sein.

Handlungsfähigkeit nach der Wahl

Nach der Bundestagswahl wird der Finanzminister im Amt bleiben. Bis die neue Regierung steht, dürfte es April oder Mai werden. Politisch gestalten wird ein Minister einer abgewählten Regierung kaum. Die Gesetzgebung ruht üblicherweise. Aber arbeitslos ist ein Minister auch nicht. Er bleibt gerade deshalb im Amt, damit das Land handlungsfähig ist. Europäische Räte, G20-Treffen und G7-Runden – die Welt steht nicht still. Deutschland sollte vertreten sein. Manche von Kukies Vorgängern sind noch gereist, andere als lahme Enten zu Hause geblieben. Wie es nach Bundestagswahl weitergeht, hängt vom Ergebnis ab. Wer weiß schon, ob die SPD in der nächsten Regierung nicht wieder eine Rolle spielt.

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