Asynchrone Entwicklung
lee
Der schwindelerregende Mittelzufluss, den hell-, mittel- und dunkelgrüne Anlageprodukte in den vergangenen Jahren verbucht haben, ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits mag man sich freuen, dass ein immer größerer Anteil des internationalen Kapitals in die nachhaltige Transformation des kapitalistischen Wirtschaftssystems fließt. Andererseits schafft die hohe Nachfrage nach Aktienfonds und ETFs mit dem Etikett „Artikel 9“ Anlagedruck, der die Grenze zwischen schwindelerregendem Wachstum und Schwindel bisweilen verwischen lässt. Auch wenn die Marketingbotschaften anderes vermitteln, ist Kapital keineswegs der einzige Faktor, mit dem sich der wirtschaftliche Wandel bewerkstelligen lässt. Es braucht vor allem auch Zeit. Während sich Kapitalströme in Zeiten der Digitalisierung per Knopfdruck umleiten lassen, braucht es Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte, um Fertigungsprozesse in der Realwirtschaft umzustellen. Der latente Vorwurf des Greenwashings, dem sich die Emittenten von nachhaltigen Anlageprodukten ausgesetzt sehen, ist vor allem Ausdruck dieser asynchronen Entwicklung.