LeitartikelCommerzbank

Autor für neue Equity Story gesucht

Die Commerzbank braucht in Zukunft eine Equity Story, die auch bei renditeorientierteren Aktionären als dem Bund verfängt. Bei der Wahl des neuen CEO steht Aufsichtsratschef Jens Weidmann vor einer kniffligen Aufgabe.

Autor für neue Equity Story gesucht

Commerzbank

Autor für neue Equity Story gesucht

phh Frankfurt
Von Philipp Habdank

Die Commerzbank braucht in Zukunft eine Equity Story, die auch bei renditeorientierteren Aktionären als dem Bund verfängt.

Juhu, die Commerzbank ist wieder langweilig, ähm, stabil. Zumindest sieht das der Bund so, der die Bank während der Finanzkrise stützen musste und nach rund 16 Jahren seinen schrittweisen Rückzug angekündigt hat. In den Jahren 2008 und 2009 war die Commerzbank noch eine Gefahr für die Finanzmarktstabilität, doch inzwischen sei sie wieder ein „stabiles und ertragsstarkes“ Institut, wie es in der Mitteilung der Bundesfinanzagentur heißt.

Die Bank hat aber auch fleißig an ihrem Langweiler-Image gearbeitet. Keine nennenswerten Skandale, keine überambitionierten Expansionsstrategien, keine unrealistischen Wachstumsfantasien oder spektakulären Hirings. Sogar die juristischen Probleme der polnischen MBank-Tochter und die damit verbundenen Rückstellungen schafft die Bank operativ einfach weg. Die nach außen kommunizierten Ziele hatten meist eine Höhe, welche die Bank überspringen konnte. Die Commerzbank hat das kommunikative Stilmittel des Understatements perfektioniert und ist damit gut gefahren. Kurz: Das Management hat einen soliden Job gemacht.

Aktienkurs der Commerzbank am Zenit

Diese defensive Equity Story kommt vielleicht bei ihrem Hauptaktionär gut an. Der Bund findet eine sichere Bank sicherlich eine super Sache. Doch spätestens für die Zeit danach braucht die Commerzbank eine Perspektive, die auch bei deutlich renditeorientierten Aktionären verfängt. Denn Fakt ist: Der aktuelle Aktienkurs von rund 12,70 Euro ist zwar weit vom Allzeittief von 2,80 Euro während Corona entfernt – aber halt auch meilenweit von den Prä-Finanzkrise-Kursen.

Die Frage lautet daher doch: Kann die Bank überhaupt mehr, als sie jetzt schon liefert? Dass sich der Bund mit Verlusten zurückzieht, kann auch als Zeichen gedeutet werden, dass er dem Aktienkurs der Commerzbank schlicht nicht mehr zutraut und es nur noch darum geht, die Verluste zu begrenzen. Schließlich hat es die Bank selbst mit dem orkanhaften Rückenwind der Zinswende und den daraus resultierenden Rekordgewinnen beim Aktienkurs nicht über 15,40 Euro hinausgeschafft.

Wer schreibt die neue Equity Story der Commerzbank?

Offen ist nicht nur, wie die neue Equity Story aussieht, sondern auch, wer sie schreiben wird. Bis 2027 ist die Strategie der Commerzbank gesetzt, die von der aktuellen Führungsspitze um CEO Manfred Knof und dessen Stellvertreterin, Finanzchefin Bettina Orlopp, ausgearbeitet wurde. Doch Knofs Vertrag läuft Ende nächsten Jahres aus. Seitdem wird darüber spekuliert, ob der Sanierer Knof weitermacht oder ob stattdessen Finanzchefin Orlopp das Ruder übernimmt. Beiden wird Interesse am CEO-Posten nachgesagt – und beide sollen dieses intern bereits deutlich gemacht haben.

Auf den ehemaligen Bundesbankpräsidenten und jetzigen Aufsichtsratschef Jens Weidmann wartet eine knifflige Aufgabe. Als Leiter der Abteilung Wirtschafts- und Finanzpolitik im Bundeskanzleramt zwischen den Jahren 2006 und 2011 gilt Weidmann als einer der Architekten für die Verstaatlichung. Seit Mai 2023 sitzt er dem Aufsichtsrat der Bank vor und dürfte daher sehr wahrscheinlich auch bei den schrittweisen Rückzugsplänen des Bundes seine Finger im Spiel haben.

Weidmann stellt die Weichen

Parallel dazu muss Weidmann vor allem den Machtkampf zwischen Knof und Orlopp um den CEO-Posten entscheiden. Zwar hat der Aufsichtsratsboss noch genug Zeit bis zu Knofs Vertragsende. Doch das Thema bringt Unruhe und liefert Futter für Spekulationen. So ist es schwer vorstellbar, dass Knof in niedrigerer Funktion bei der Bank bleibt, sollte die Wahl auf Orlopp fallen. Umgekehrt kann die Finanzchefin ihren Job theoretisch natürlich behalten. Fraglich ist, ob sie das möchte.

Sowohl Knof als auch Orlopp stehen für den bisherigen Kurs und die alte Equity Story der Bank. Als großer Visionär ist bislang keiner der beiden nach außen aufgetreten. Der neue CEO ist dabei in einer Zwickmühle: Ihre zurückgewonnene Stabilität darf die Bank nicht wieder aufs Spiel setzen. Gleichzeitig muss die Equity Story mutiger werden. CEO sollte daher werden, wer den überzeugendsten Plan für den Balanceakt präsentiert. Mit der Langeweile ist es bei der Commerzbank aber vorerst vorbei.

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