Gebt den Bankangestellten mehr!
Bankentarif
Hauptsache Planungssicherheit
Von Anna Sleegers
Jedes Land hat so seine Brauchtümer. Manche schön, wie das Mittsommerfest der Skandinavier. Andere weniger, wie der „Government Shutdown“, in den der Streit zwischen Repräsentantenhaus, Senat und dem US-Präsidenten über zusätzliche Haushaltsmittel münden kann. Hierzulande gehören die von lautstarkem Geklapper begleiteten Tarifverhandlungen zu den weniger erquicklichen Ritualen. Aktuell sind unter anderem die Tarifverträge der rund 140.000 Beschäftigten der privaten Banken an der Reihe.
Selbstverständnis der Banker hat sich verändert
Die Zeiten, in denen sich die Bankangestellten zu fein waren, wie die Beschäftigten des produzierenden Gewerbes lautstark einen „ordentlichen Schluck aus der Pulle“ zu fordern, sind vorbei. Automatisierung, Fusionitis und zunehmend auch die Verdichtung des Arbeitsdrucks infolge von Stellenstreichungen haben längst auch in den Banken ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass es sinnvoll ist, für seine Interessen einzustehen.
Gewerkschaften mussten diesmal nicht lange zappeln
So forderten die Gewerkschaften die Gegenseite nach diversen Streikaufrufen und Protestaktionen bei den Banken am Wochenende auf, endlich ein Angebot auf den Tisch zu legen. Dass dieses umgehend folgte, ist die echte Überraschung dieser Tarifverhandlungen. Noch nie in der Geschichte des Banktarifs war die Spanne, in der die Arbeitgeber die Gegenseite haben zappeln lassen, so kurz.
Rekordgewinne schaffen Luft nach oben
Nun mag man einwenden, dass die vom AGV Banken gebotenen 8,5% weit abweichen von den zweistelligen Forderungen von Verdi und der Kleingewerkschaft DBV. Nachdem die steigenden Zinsen nahezu allen Kreditinstituten Rekordergebnisse in die Kassen gespült haben, dürfte da aber noch Luft nach oben sein. Umso mehr, als die galoppierende Inflation den Beschäftigten nach dem letzten Tarifabschluss im Jahr 2022 eine deutliche Reallohneinbuße beschert hat.
Planungssicherheit dank langer Laufzeit
Eine Kröte schlucken müssen die Gewerkschaften allerdings bei der Laufzeit. Das dürfte ihnen wehtun. Gerade nach den schlechten Erfahrungen mit dem letzten Abschluss. Nicht ohne Grund basieren ihre Forderungen auf Laufzeiten von bestenfalls zwölf Monaten. Je länger die Laufzeit, desto größer die Unwägbarkeiten. Doch in diesem Punkt sollten die Banken hart bleiben. Denn sie brauchen vor allem eines: Planungssicherheit. Sonst wird es schwierig, die Investitionen in IT und Personalgewinnung zu stemmen, die es braucht, um den Fachkräftemangel zu bewältigen.
Nach zuletzt hohen Gewinnen sollten sich die privaten Banken beim Lohnplus nicht lumpen lassen. Hart zu bleiben, gilt es bei der Laufzeit des Tarifvertrags.