Jetzt geht es an die Substanz
Baywa
Jetzt geht es
an die Substanz
Von Stefan Kroneck
Es gehörte sehr viel Mut dazu, würde man vorhersagen, dass die zum Genossenschaftssektor gehörende Baywa auf mittlere Sicht in drei bis fünf Jahren aus dem Gröbsten raus ist. Eine solche Prognose wagt derzeit nicht mal der von den Gläubigerbanken und dem kreditgenossenschaftlichen Haupteigentümer installierte Sanierungsmanager Michael Baur. Für seine Zurückhaltung hat er gute Gründe: Der in eine finanzielle Schieflage geratene Agrarhandelskonzern befindet sich mitten in einem dunklen Tunnel, in den er sich selbst hineinmanövriert hat. Licht am Ende des Tunnels ist nicht erkennbar. Das belegen die Horrorzahlen des Unternehmens zum 30. September.
Aus dem Zahlenwerk, das die Baywa selbst nicht näher kommentiert, lässt sich analysieren, dass der Konzern in seinem aktuellen Zustand ein Fass ohne Boden ist. Stets steigende Quartalsverluste zehren an der Substanz der Firma. Geht das bis Mitte 2025 so weiter, wäre bis dahin das gesamte restliche Konzern-Eigenkapital aufgebraucht. Die Cash-Burn-Rate des traditionsreichen Konzerns, der im Februar 2023 noch mit großem Pomp seinen 100. Geburtstag gefeiert hatte, ist enorm.
Eine Dauerbaustelle
Es zeichnet sich ab, dass die beiden bisherigen Finanzspritzen von insgesamt 1 Mrd. Euro bei weitem nicht ausreichen, das Unternehmen zu stabilisieren. Weitere frische Mittel werden vor allem die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken bereitstellen müssen, damit die Baywa über die nächsten Monate, womöglich sogar Jahre über die Runden kommt. Ohne finanzielle Hilfe von außen wäre das Unternehmen längst pleite. Mit seiner Solidaritätszusage hat sich der genossenschaftliche Finanzsektor selbst verpflichtet und damit dauerhaft gebunden. Das wird für die Kreditgenossen ein finanzieller Kraftakt, der viel Zeit und Nerven kosten wird. Wenn es nämlich um sehr viel Geld geht, ist das Streitpotenzial unter den Beteiligten groß. Letzteres zeigt der Gläubigerausschuss, in dem mit insgesamt rund 300 Betroffenen die Interessen divergieren. Konflikte behindern aber eine zügige Sanierung. Die Baywa bleibt daher eine Dauerbaustelle.