Das böse Wort kehrt zurück
US-Notenbank
Das böse Wort kehrt zurück
Von Dieter Kuckelkorn
Bis vor einigen Monaten hatten die Marktteilnehmer mit gleich drei Zinssenkungen durch die amerikanische Notenbank Federal Reserve im laufenden Jahr gerechnet. Inzwischen ist vielen Beobachtern klar geworden, dass dies übertrieben war. Zwei Zinsschritte – nach unten wohlgemerkt – werden aber nach wie vor von vielen Marktteilnehmern für wahrscheinlich gehalten. Eine solche Perspektive ist allerdings keineswegs mehr sicher mit Blick auf die unerwartete und unangenehme Wiederbelebung der schon als weitgehend besiegt angesehenen Inflation.
Daher sollte es nicht verwundern, wenn mit Michelle Bowman ein prominentes Mitglied des für die Geldpolitik zuständigen Offenmarktausschusses der Fed jetzt angemerkt hat, die US-Notenbank sei bereit, den Leitzins Fed Funds Rate anzuheben, sollten die Daten anzeigen, dass der Fortschritt bei der Inflationsbekämpfung aufgehört oder sich sogar umgekehrt hat. Sie steht mit ihrer Meinung übrigens nicht allein, denn ihr Chef, Fed-Chairman Jerome Powell, hat auf der Pressekonferenz nach der jüngsten Zinssitzung dasselbe gesagt – wenn auch mit einer etwas zurückhaltenderen Wortwahl. Übrigens wurde auf jener Veranstaltung das böse Wort „Zinserhöhung“ („rate hike“) von Reportern und von Powell nicht weniger als achtmal in den Mund genommen.
Nun bedeutet das noch nicht, dass es zu einer Zinsanhebung kommen wird. Wie Powell und Bowman sagten: Es kommt auf die Daten an. Noch ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sich ein solcher aus Sicht der Märkte dramatischer Schritt vermeiden lässt.
Und was bedeutet das für die Finanzmärkte? Warren Buffett macht es vor: Sein Investmentvehikel Berkshire Hathaway hielt per Ende März 153 Mrd. Dollar in kurzfristigen US-Staatsanleihen, 24 Mrd. Dollar mehr als drei Monate zuvor. Finanziert wurden die Käufe vor allem über eine Reduzierung des Bestands an Aktien von Apple. Anleger sollten beachten, dass eine Zinsanhebung der Fed die Aktienrally beenden könnte und eventuell auslöst, dass aus den US-Technologieaktien die Luft abgelassen wird.