KommentarDigitale Plattformen

Definitiv kein Entgegenkommen

Die EU-Kommission darf das Ergebnis ihrer Prüfung, ob Elon Musk mit seiner Plattform X die EU-Regeln einhält, nicht mit der Frage koppeln, ob damit US-Strafzölle wahrscheinlicher werden.

Definitiv kein Entgegenkommen

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Definitiv kein
Entgegenkommen

Von Detlef Fechtner

In Brüssel ist eine hitzige Debatte darüber entfacht, ob die EU-Kommission tatsächlich das Nötige tut, um sicherzustellen, dass sich die großen digitalen US-Plattformen an europäisches Recht halten. Kritiker der EU-Kommission verdächtigen die Behörde, Verfahren wie die Überprüfung der Praktiken von Elon Musks X-Plattform auf Eis gelegt zu haben. Die EU-Kommission beschwört indes, sie treibe das Verfahren aktiv voran. Beides lässt sich weder verifizieren noch falsifizieren. Die Kritiker werfen Brüssel vor, sich nicht zu trauen, entschieden gegen angeblich offensichtliche Desinformation vorzugehen, nur um Donald Trump nicht zu verärgern. Die EU-Behörde hält dagegen: Es sei alles andere als trivial, eine Förderung radikaler Inhalte durch algorithmische Anpassungen gerichtsfest nachzuweisen.

Beide Seiten haben einen Punkt. Natürlich kann die EU-Kommission Musk nicht zu Strafen verdonnern, weil er Wahlwerbung für die AfD macht. Sonst wäre ja sogar wirklich etwas dran an dem – von Meta-Chef Mark Zuckerberg ungerechtfertigterweise als Kampfbegriff benutzten – Vorwurf der Zensur. Aber es stimmt skeptisch, dass die EU-Behörde trotz monatelanger Prüfung überhaupt nichts dazu zu sagen bereit ist, ob der Verzicht auf Fakten-Checks und das bloße Vertrauen auf „Community Notes“ den Vorgaben des Digital Services Act entspricht.

Die sehr zurückhaltende Rhetorik der zuständigen EU-Vizepräsidentin Henna Virkkunen befördert die Spekulationen, dass der Ausgang der „technischen“ Prüfungen letztlich doch von der Frage mitbestimmt wird, wie Trump davon abgehalten werden könnte, Strafzölle zu erheben. Das aber wäre ein fatales Geschacher. Denn die EU-Kommission darf die Verteidigung von Wahrheit und Integrität in der öffentlichen Debatte nicht aus handelspolitischen Motiven relativieren. Wenn es um Hetze in Sozialen Netzwerken geht, darf es kein Entgegenkommen geben. Damit, dass die USA womöglich den Handel mit Zöllen erschweren, kann Europa leben. Mit der Duldung von Manipulation und Desinformation nicht. Virkkunen wird nicht mehr lange auf Zeit spielen können – und sollte es auch nicht.

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