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Die Euro-Dollar-Parität: Jenseits der Symbolik

Es ist vor allem fehlende Gewissheit, dass der Euro auf jeden Fall weiterbesteht, die ihn daran hindert, eine größere internationale Rolle zu übernehmen.

Die Euro-Dollar-Parität: Jenseits der Symbolik

Eine Wechselkursparität zwischen dem Euro und dem Dollar gab es das letzte Mal vor 20 Jahren, im November 2002. Die derzeitige Situation eines fast Eins-zu-eins-Umtauschs ist daher ein Ereignis von einiger wirtschaftlicher Bedeutung. Sie ist jedoch nicht repräsentativ für den Wert des Euro gegenüber dem Dollar. Vielmehr hat die derzeitige Wechselkursparität eher mit der Aufwertung des Dollar als mit der Abwertung des Euro zu tun. Die geldpolitischen Zyklen in den Vereinigten Staaten und im Euroraum sind derzeit nicht synchron, da die Zinssätze in den USA viel schneller steigen als im Euroraum, wodurch der Wert des Dollar steigt.

Während der nominale Wechselkurs ein untypisch niedriges Niveau erreicht hat, ist dies beim effektiven Wechselkurs, der ein Maß für die Wettbewerbsfähigkeit ist, nicht der Fall. Tatsächlich sind die Niveaus jetzt nur zyklisch niedriger, ausgehend von einem stabilen Trend, der vor der Finanzkrise bestand. Das Niveau der Wettbewerbsfähigkeit im Euroraum hat sich also nicht in einer solchen Weise verringert, die auf eine strukturelle Verschlechterung hindeutet.

Doch es gibt keine Garantie dafür, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird. Die weitere Entwicklung wird entscheidend davon abhängen, wie sich die rasche Abkopplung der Europäischen Union von der russischen Energieversorgung in den nächsten sechs bis zehn Monaten auf die Wirtschaft auswirkt.

Ökonomen haben immer eine Hassliebe zu abgewerteten Währungen. Auf der einen Seite ermöglicht eine billigere Währung Exporteuren, ihren Absatz zu steigern und möglicherweise neue Märkte zu erschließen. Die seit Beginn der Pandemie anhaltenden Engpässe in den globalen Lieferketten führen jedoch dazu, dass Exporteure nicht in vollem Umfang von den sinkenden Preisen profitieren können. Andererseits ist eine billigere Währung auch ein Zeichen für eine schwächere Wirtschaft und führt zu einer höheren Inflation. Der Nettonutzen hängt von der relativen Stärke dieser Effekte ab.

China nicht vergessen

Abgesehen von der Psychologie gibt es noch einen weiteren Grund, warum die Aufhebung der Euro-Dollar-Parität dem Euroraum Sorgen bereitet: Sie beeinträchtigt nämlich das Bestreben, dass der Euro neben dem Dollar zu einer globalen Währung wird.

Der Krieg in der Ukraine hat nicht nur die geopolitische Bedeutung des Finanzwesens erhöht, er hat es auch zu einer Waffe gemacht. Vom Einfrieren der Guthaben der russischen Zentralbank bis hin zu Putins Scharmützeln mit Gas gegen Rubel sind Währungen zu mächtigen Waffen geworden. Je mehr der Euro für den Handel verwendet wird, desto mehr kann die EU auch die Bedingungen diktieren. Da alle Euro-Transaktionen über das EU-eigene Abwicklungssystem abgewickelt werden müssen, kann die EU außerdem leichter Finanzsanktionen verhängen und Euro-Guthaben von Gegnern einfrieren.

Der Euroraum macht etwa 15% des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus, die USA dagegen etwa 25%. Das US-Finanzsystem ist etwa doppelt so groß wie das des Euroraums, und die ausstehenden US-Schulden belaufen sich auf etwa 20 Bill. Dollar, die alle als erstklassig eingestuft sind. Im Gegensatz dazu belaufen sich die ausstehenden Schulden der Länder des Euroraums auf 10 Bill. Dollar, von denen nur 2 Bill. Dollar von höchster Qualität sind. Der während der Corona-Pandemie eingerichtete EU-Wiederaufbaufonds würde weitere 750 Mrd. Euro an hochwertigen Schuldtiteln einbringen, die jedoch bei weitem nicht das Volumen der weltweit verfügbaren US-Anleihen erreichen würden.

All diese Faktoren sind sowohl Ursache als auch Nachweis dafür, dass der Dollar nach wie vor die wichtigste internationale Währung ist, denn etwa 60% der Währungsreserven lauten auf Dollar und nur 20% auf Euro. Und dann ist da auch noch China mit einer Wirtschaft und einem Finanzsystem, die in etwa der Größe der EU entsprechen, aber mit einer Währung, die nicht international gehandelt wird. Mit einer Bevölkerung von 1,4 Milliarden Menschen und einem viel höheren Wachstum als in der EU und den USA hat China jedoch das Potenzial, aufzuholen und die Vorherrschaft des Dollar anzufechten.

Die eigentliche Frage ist also, wie Europa die Verwendung des Euro weltweit durch seine Politik fördern kann. Der relative Wert einer Währung ist eher ein Ergebnis als ein politisches Ziel. Es ist weder nachhaltig noch wünschenswert, die Währung künstlich stark zu halten. Im Gegensatz dazu wird eine starke und robuste Wirtschaft auch zu einem starken Euro führen. Die Gestaltung und die Umsetzung von Maßnahmen, die das Eurogebiet stark machen, sind daher das einzige nachhaltige politische Ziel.

Es gibt verschiedene Vorschläge zur Förderung der internationalen Rolle des Euro. Außenstehende, die den Euro stärker nutzen wollen, lassen sich jedoch nicht nur von guten Leistungen der einzelnen Länder des Euroraums überzeugen. Sie müssen davon überzeugt sein, dass der Euroraum und die EU als Institutionen weiterhin funktionieren werden, und werden entmutigt, wenn die architektonischen Unzulänglichkeiten der Währungsunion eine gute Politikgestaltung verhindern.

Gefahr der Fragmentierung

Ein offensichtliches Beispiel dafür ist die Gefahr einer finanziellen Fragmentierung, die derzeit im Euroraum herrscht. Diese stellt die Europäische Zentralbank (EZB) und ihre Fähigkeit, die Finanz- und Währungsstabilität gleichzeitig zu wahren, vor große Probleme.

Es ist vor allem fehlende Gewissheit, dass der Euro auf jeden Fall weiterbesteht, die ihn daran hindert, eine größere internationale Rolle zu übernehmen. Solange dies nicht geklärt ist, wird der Dollar weiterhin der globale Hegemon bleiben.

Maria Demertzis ist Interimsdirektorin des Brüsseler Thinktanks Bruegel.

In dieser Rubrik veröffentlichen wir Kommentare von führenden Vertretern aus der Wirtschafts- und Finanzwelt, aus Politik und Wissenschaft.