LeitartikelStaatsfinanzen

Die schwelende US-Schuldenkrise

Die US-Staatsschulden geraten außer Rand und Band. Ohne ein langfristiges, politisch umsetzbares Konzept, um die Staatsfinanzen wieder ins Lot zu bringen, droht der US-Wirtschaft Unheil.

Die schwelende US-Schuldenkrise

Staatsfinanzen

Die schwelende US-Schuldenkrise

US-Politiker brauchen einen langfristigen Plan, um die ausufernden Staatsschulden in den Griff zu bekommen.

Von Peter De Thier

Die Debatte tobt seit über zwei Jahrzehnten: Wie weit können die US-Staatsschulden aus dem Ruder laufen, ehe der riesige Schuldenberg beginnt, auf der Wirtschaft zu lasten? Zwar meinen einige Ökonomen, dass die Sorgen übertrieben sind. Mit der weltgrößten Volkswirtschaft und dem Dollar als Weltreservewährung werde der Fiskus immer neue Zahlungsverpflichtungen eingehen können, meinen sie. 

Diese Verharmlosung ist aber nicht nur kurzsichtig, sondern leichtsinnig. Folglich müssen die Zweckoptimisten mittlerweile einer wachsenden Mehrheit von Experten weichen, die berechtigte Gefahren für die US-Konjunktur sehen, sollten der Kongress und das Weiße Haus weiter außerstande bleiben, die Staatsfinanzen langfristig ins Lot zu bringen. 

Steigende Neuverschuldung

Die Zahlen sprechen Bände. Vor 23 Jahren schrieben die USA das letzte Mal schwarze Zahlen. Seit 2002 steigt die Neuverschuldung kontinuierlich und wird nach Schätzungen des Congressional Budget Office (CBO) dieses Jahr 1,6 Bill. Dollar erreichen. Ernüchternd ist auch der Blick auf die gesamte Verschuldung. Diese erreichte gegen Ende 2023 34 Bill. Dollar. Damit entfallen auf jeden Privathaushalt 259.000 Dollar und auf jeden US-Bürger etwas mehr als 100.000 Dollar an Verpflichtungen, die der Staat gegenüber Investoren hat.

Lange Zeit war die Ursache schlichtweg in der mangelnden Haushaltsdisziplin der Politiker zu sehen. Als Kandidaten kündigten sie an, das Defizit abbauen zu wollen. Waren sie einmal im Amt, dann entschieden sie sich aber, Sozialleistungen auszuweiten, um ihre Wähler bei Laune zu halten. Hinzu kommen bis heute gesetzliche Zahlungsverpflichtungen, etwa die staatliche Rentenversicherung und die Krankenversorgungsprogramme. Forderungen der Republikaner, die gesetzlichen Ausgabenprogramme zu reformieren, sind nicht nur im Sande verlaufen. Diese Leistungen werden in den kommenden Jahren stärker als bisher in Anspruch genommen werden, wenn nämlich mehr Vertreter der Babyboomer-Generation ins Rentenalter eintreten. Dazu gesellte sich vor vier Jahren der fiskalische Schock der Corona Pandemie. Die diversen Hilfsprogramme, die notwendig waren, um die Wirtschaft über Wasser zu halten, ließen die Schulden, die damals bei 23,4 Bill. Dollar lagen, auf über 34 Bill. Dollar und die Schuldenquote auf 122% klettern.

Drohender Teufelskreis

Unterdessen ist es gefährlich, die ausufernden Schulden, wie Politiker dies immer wieder tun, unter den Teppich zu kehren. Denn seit Jahren wachsen die Defizite schneller als die Wirtschaft. Liegt die Zuwachsrate der Verschuldung über der Wachstumsrate der Wirtschaft – schließlich bestimmt diese zugleich die Höhe der Steuereinnahmen –, dann wird der Staat irgendwann außerstande sein, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.

Die Schräglage könnte einen Teufelskreis in Gang setzen. Denn die hohen Zinsen stellen ohnehin schon eine Belastung für Unternehmen, Haushalte und den Staat dar. Rutscht der Fiskus tiefer in die roten Zahlen, dann wird der Verdrängungseffekt die Zinsen weiter hochtreiben und das Wachstum abwürgen. Nicht auszuschließen ist auch, dass ausländische Investoren, die fast ein Drittel der US-Staatsanleihen halten, das Vertrauen verlieren und beginnen könnten, ihre Portfolios umzuschichten. Das wiederum könnte panische Reaktionen an den Finanzmärkten auslösen.  

Schnelle Lösungen, um die schwelende Krise abzuwenden, gibt es keine. Mit den Budgetgesetzen für das Fiskaljahr 2024, die Präsident Joe Biden im März unterschrieben hat, ist es jedenfalls nicht getan. Republikaner und Demokraten müssen sich auf ein langfristiges haushaltspolitisches Rahmenwerk einigen –selbst um den Preis schmerzhafter Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen –, das numerische Zwischenziele enthält. Verbindliche Ziele, die der Kongress im Gegensatz zum derzeit suspendierten staatlichen Schuldenlimit nicht anheben kann. Nur so kann Hoffnung bestehen, dass die Politiker in Washington der staatlichen Finanzmisere Herr werden.

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