Die Zellteilung von Novartis
Der Novartis-Verwaltungsrat hat entschieden, die Generika-Tochtergesellschaft Sandoz vom Mutterkonzern abzuspalten, um das Unternehmen direkt in die Hände der Aktionäre zu legen. Der Beschluss kommt nicht überraschend, zumal es in der Vergangenheit schon mehrere vergleichbare Transaktionen in der Basler Chemie- und Pharmabranche gegeben hat.
Erst 2019 hatte Novartis den Augenheilmittelspezialisten Alcon auf gleiche Art abgetrennt, wie dies in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres nun mit Sandoz geschehen soll. Vor 22 Jahren brachte Novartis in gleicher Weise ihr Agrochemiegeschäft unter dem Namen Syngenta an die Börse.
Im Zuge der Fusion von Sandoz und Ciba, aus der 1996 Novartis hervorgegangen ist, kam es zur Ausgliederung bzw. Verselbständigung des früheren Spezialchemiegeschäfts von Ciba. Sandoz hatte das eigene Chemiegeschäft noch vor der Fusion 1995 unter dem Namen Clariant abgespalten und an die Börse gebracht. Auch Roche trennte sich im Jahr 2000 vom Aromen- und Riechstoffgeschäft, das seither unter dem Namen Givaudan firmiert.
Diese Spin-offs machen sichtbar, was im Grunde jedes erfolgreiche Schweizer Industrieunternehmen tut: Es spezialisiert sich, um gegen aufstrebende Mitbewerber konkurrenzfähig zu bleiben. Das wird sehr bald auch Sandoz tun. Bereits vor zwei Jahren wollte das Unternehmen das margenschwache amerikanische Pillengeschäft an einen indischen Konkurrenten veräußern, was aus kartellrechtlichen Gründen aber nicht gelang.
Sandoz wird aber Mittel und Wege finden, um sich rasch auf sein aussichtsreichstes Geschäftsfeld, die komplexe Nachahmung von biologischen Medikamenten und Therapien, zu konzentrieren. Die sogenannten Biosimilars trugen 2021 bereits mehr als ein Fünftel zum Umsatz von Sandoz in Höhe von fast 10 Mrd. Dollar bei. Marktbeobachter prophezeien der Produktgruppe und ihren Herstellern eine gute Zukunft.
Der Erfolg der strategischen Weiterentwicklung von Sandoz wird letztlich auch darüber entscheiden, ob die Firma als eigenständiges Unternehmen eine Zukunft hat. Syngenta war nach 15 Jahren Selbständigkeit vom Staatskonzern Chemchina geschluckt worden. Die Ciba-Spezialitätenchemie ging 12 Jahre nach ihrer Gründung im deutschen BASF-Konzern auf. Clariant ist zwar immer noch eigenständig, aber seit Jahren in Kämpfe mit einzelnen Großinvestoren involviert. In der Natur sorgt die Zellteilung für die Vielfalt der Lebewesen. In der Wirtschaft passiert bisweilen das exakte Gegenteil.