Finanzanlagenberater können es, Versicherungsvermittler auch: in Berlin eine Erlaubnis für ihr Geschäft online beantragen. Auch Geldwäscheauskünfte der gesetzlich Verpflichteten sind auf diesem Weg möglich. Insgesamt 83 Dienstleistungen der Behörden können Gewerbetreibende heute schon in der Hauptstadt digital erwirken. Bald sollen es 301 sein. Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) hat ein Aktionskonzept der schwarz-roten Landesregierung zur Digitalisierung der Wirtschaft angestoßen. Bis Ende 2025 will Berlin alle hauptsächlich an die Wirtschaft gerichteten Dienstleistungen seiner Behörden über den Digitalen Wirtschaftsservice DIWI anbieten. Die kommunalen Bezirksämter sollen zudem digitale Sprechstunden anbieten. Beim Ausfüllen von Anträgen wird künstliche Intelligenz helfen.

Das ist ein großer Schritt für eine Stadt, in der schon der Antrag auf einen neuen Personalausweis oder Reisepass schnell zur Odyssee gerät. Erste Hürde ist es, einen Termin beim Amt zu ergattern. Wartezeiten von mehreren Wochen sind keine Seltenheit. Wer im Morgengrauen aufsteht, kann über das elektronische Terminbuchungssystem einen tagesaktuellen Ad-hoc-Slot buchen, irgendwo in der Stadt in einem der Ämter mit freier Kapazität. Hilfreich ist eine gute Kenntnis der örtlichen Lage der Behörde, sonst wird die Anreise leicht zur Weltreise.

Kein Wunder also, dass fast 77.000 und damit rund drei Viertel aller Gewerbemeldungen schon heute in Berlin digital vorgenommen werden. Vor allem Gastwirte und Handwerker lassen sich ihre Tätigkeit online genehmigen. Für Giffey ist die Digitalisierung entscheidend für den Erfolg der Berliner Wirtschaft im internationalen Wettbewerb. Nicht zuletzt der Anspruch Berlins als Start-up-Hauptstadt dürfte dabei mitschwingen.

Wer sich den Weg ins Amt sparen kann, spart Aufwand, Zeit und Kosten. Verwaltungsgebühren sollen künftig auch per Paypal bezahlt werden können. Bislang geht es unbar nur per Kreditkarte. Der Digitalverband Bitkom hat ermittelt, dass ein Behördengang durchschnittlich 2,21 Stunden dauert: darunter 57 Minuten für Hin- und Rückfahrt und 48 Minuten Wartezeit. Mehr als die Hälfte der Befragten hatte Probleme, überhaupt einen Termin zu bekommen. Im Fokus soll im nächsten Jahr die Digitalisierung der Anerkennung einer langen Liste weiterer ausländischer Berufsabschlüsse stehen. Giffey verspricht sich davon einen Schub, um leichter Fachkräfte für die heimische Wirtschaft zu gewinnen. Ihr Ziel ist kein geringeres als Berlin zum „Innovationsstandort Nummer eins in Europa“ weiterzuentwickeln.

Der Aufgabenkatalog für die künftigen Online-Dienstleistungen birgt dann doch so manche Überraschung: auch die Erlaubnis für Buchmacher im Glücksspiel, Anzeigen für das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände – sprich Feuerwerk – oder die Erlaubnis für das Betreiben eines Prostitutionsgewerbes sollen digital beantragt werden können.