Noch Stress oder schon Burn-out?
Sparkassen
Noch Stress oder schon Burn-out?
Von Philipp Habdank
Dass sich immer mehr Sparkassen für Kredithandelsplattformen öffnen, zeigt, wie groß der Druck durch die Krise am Schuldschein- und Gewerbeimmobilienmarkt sein muss.
Immobilien und Schuldscheine – für Sparkassen galt beides lange Zeit als sichere Bank. Die Finanzierung von privaten und gewerblichen Immobilien füllte beständig die Kreditbücher der Sparkassen, und in der Eigenanlage durfte ein Schuldscheindarlehen in so gut wie keinem roten A-Depot fehlen. Beides ist nachvollziehbar, bestachen doch beide Märkte in ihrer Historie mit vergleichsweise niedrigen Ausfallraten.
Immobilienpreise sind zuverlässig gestiegen und lieferten wenig bis keinen Grund zur Sorge. Das galt sogar noch mehr für den Schuldscheinmarkt, dessen Gütesiegel über Jahre die erstklassige Bonität seiner Schuldner gewesen ist. Diese Sorglosigkeit verleitete aber bei der Kreditvergabe bzw. der Investitionsauswahl zu einer gewissen Nachlässigkeit. Schuldscheine wurden auch Unternehmen im sogenannten Cross-over-Bereich gewährt, deren Bonitätsnoten sich also an der Grenze zum spekulativen Bereich bewegen. Bei Immobilienkrediten gewährten Banken Darlehen mit extrem hohen Beleihungsausläufen.
Kleine Sparkassen mit Problemkrediten überfordert
Die Rückkehr der Zinsen hat diese Sorglosigkeit jedoch knallhart bestraft. Laufende Bauprojekte stocken, Bestandsimmobilien haben massiv an Wert verloren. Und auch im vermeintlich bombensicheren Schuldscheinmarkt mehren sich die Restrukturierungsfälle: Leoni, Varta oder Helma Eigenheimbau lassen grüßen. Schuldscheine wurden häufig von Landesbanken strukturiert, die als Spitzeninstitut die einzelnen Tranchen dann an die Sparkassen weitergereicht haben.
Dieses Modell hat in der sorglosen Vergangenheit prima funktioniert, offenbart nun aber ein Problem: Kleine Sparkassen sind diesen Stress nicht gewohnt, haben im Gegensatz zu Großbanken a) wenig bis keine Erfahrung im Umgang mit Problemkrediten, b) in der Regel auch nicht die nötige Expertise und sind damit folglich überfordert. Sparkassen versuchen jetzt natürlich, die Krise so lange wie möglich auszusitzen. Doch der Druck aus dem gestressten Immobilien- und Schuldscheinmarkt auf die Sparkassen scheint inzwischen gewaltig zu sein.
Sparkassen nutzen Kredithandelsplattform
Ein Indiz dafür ist, dass inzwischen in etwa jede fünfte Sparkasse an der Kredithandelsplattform Debitos angeschlossen ist, wie deren Gründer Timur Peters im Podcast „Betting Billions“ berichtet. Diese Zahl gewinnt dadurch an Brisanz, dass die Sparkassen vor allem in den zurückliegenden eineinhalb Jahren auf die Plattform gekommen sind. Ohne Not gehen Sparkassen diesen Schritt sicherlich nicht.
Zum einen kaufen Investoren solche problembehafteten Kredite nur gegen einen ordentlichen Abschlag, das kostet die abgebende Bank damit Rendite. Zum anderen möchten Sparkassen in der Außenwahrnehmung nicht schwach erscheinen. Auch lassen sich aus dem Verhalten der Landesbanken einige Rückschlüsse ziehen. So haben die Spitzeninstitute in diesem Jahr ihre Risikovorsorge in der gewerblichen Immobilienfinanzierung deutlich erhöht. Für den bestehenden Stress-Level der Sparkassen heißt das nichts Gutes.