Ein (Un-)Fall namens Musk
E-Mobilität
Ein (Un-)Fall namens Musk
Von Sebastian Schmid
Zwischen Genie und Wahnsinn verläuft bekanntlich oft ein schmaler Grat. Trump-Flüsterer Elon Musk, der noch vor wenigen Jahren von weiten Teilen der europäischen Öffentlichkeit als Genie verehrt wurde, erscheint denselben Menschen heute bestenfalls dem Wahn verfallen und schlimmstenfalls bösartig. Wer als Bürokratie-Häcksler Altes kurz und klein haut, baut damit noch nichts Neues auf. Als Innovationsgenie kann es der 53-Jährige, der auf eine zweistellige Zahl an Patenten kommt, mit einem echten Visionär wie Steve Jobs, der es auf 1.000 bringt, nicht aufnehmen. Und als Klimaretter taugt er auch nur im verklärten Blick der Tesla-Jünger, während sein primäres Talent sich im Ausbau seines Firmenimperiums und der Mehrung seines Reichtums offenbart.
Denn geniale Taktik bewies Musk, der in den USA aktuell lieber für eine neue Weltordnung unter US-Präsident Donald Trump trommelt als für eine nachhaltige Transformation, allenfalls in der Fernsteuerung von Europas Autobauern und der EU-Kommission, die er in der vergangenen Dekade geschickt auf die E-Auto-Fährte setzte. Unterdessen kommt die Frage auf: Ist die Straße in eine elektrifizierte automobile Zukunft womöglich eine technologische Sackgasse? Jedenfalls sind alle großen Autobauer derzeit mit eiligen Wendemanövern beschäftigt. Stellenstreichungen und die Wiederauflage von Verbrenner-Modellen prägen das Bild.
Ein wenig erinnert die Verheißung der E-Mobilität mittlerweile an die „blühenden Landschaften“, die der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl zur Wiedervereinigung 1990 den neuen Bundesländern in Aussicht stellte. Mit dem Unterschied, dass die Werbebotschaft des verstorbenen Altkanzlers einem höheren Ziel diente, während Musks blühende Fantasie, in Zukunft würden „99% der Autos elektrisch und autonom fahren“, primär dem eigenen Kontostand dient. Musks Griff nach OpenAI, die Einflussnahmen auf europäische und amerikanische Politik sollten klargemacht haben, dass das einzig Nachhaltige an der Strategie des Tesla-Chefs das Streben nach Machtfülle ist. Für die EU ist es Zeit, dafür Sorge zu tragen, dass der Unfall namens Musk für die hiesigen Autobauer nicht im Totalschaden endet.